Präzision ist alles – So entstehen Smartphones

scia systems

Macher der Woche vom 14. Dezember 2016

Vor drei Jahren zogen Dr. Michael Zeuner, Matthias Nestler und ihre Mitstreiter in ihr 30 Quadratmeter großes Büro im Technologie Centrum Chemnitz (TCC). Ihre Idee: Anlagen für die Hochtechnologiebranche produzieren. Mit Ionenstrahlverfahren haben sie neuartige Anwendungen entwickelt und seither eine erstaunliche Entwicklung vollzogen. Heute braucht ihr Unternehmen mehr als 2000 Quadratmeter, und demnächst gehören sie zu den Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitern. Wir sprachen mit den zwei Unternehmensgründern.

 


Was bedeutet scia Systems?
Das ist ein Kunstname, entlehnt aus der Plansprache Esperanto. Wir wollten das Unternehmen nicht nach einer bestimmten Person benennen. „scio“ steht für Wissen.

Mit Ihrem Wissen entwickeln Sie Hochtechnologieanlagen. Wer sind Ihre Kunden?
Unsere Kunden sind die Produzenten von Bauteilen in der Mikroelektronikbranche oder Hersteller von Spezialoptiken. Qorvo ist zum Beispiel ein großer Kunde, als einer der wichtigsten Hersteller für passive Bauteile in der Mobilkommunikation, oder Firmen aus der Carl Zeiss Gruppe die Spezialoptiken zur Fertigung von integrierten Schaltkreisen herstellen. So finden sich z.B. in jedem Mobiltelefon Bauteile, die in Teilschritten auf unseren Anlagen hergestellt wurden. Wir arbeiten z.B. auch für den Festplattenproduzenten Western Digital.

Sie bewegen sich also auf einem internationalen Markt?
80 Prozent unseres Geschäftes realisieren wir im Ausland, einen großen Teil davon wiederum in den USA. In der Mikroelektronikbranche sind sehr spezialisierte Firmen tätig, und es gibt weltweit wenige, die genau das können, was wir machen.

Was können Ihre Maschinen?
Das lässt sich tatsächlich schwer für die Allgemeinheit beschreiben. Unseren Anlagen sind ähnlich eines CNC-Bearbeitungszentrums zur Herstellung unterschiedlicher Produkte geeignet. So werden auf unseren Anlagen zum Beispiel Frequenzfilter für die Mobilkommunikation oder Positionssensoren für die Automobilindustrie gefertigt. Die Nutzung der Anlage für einen speziellen Herstellungsschritt obliegt wie beim CNC-Bearbeitungszentrum unserem Kunden.
Wir fertigen derzeit circa zehn verschiedene Produkte, die für Prozesse an verschiedenen Bauelementen eingesetzt werden. Zwei Dinge sind jedoch immer wesentlich: Die Anlagen werden stets für die Abscheidung oder Strukturierung von anspruchsvollen dünnen Schichten genutzt. Diese können nicht mehr mit herkömmlichen Prozessen bearbeitet werden, sondern wir nutzen Vakuumtechnologien. Dabei können wir geringe Materialmengen gezielt abtragen, fast einzelne Atome. Für ausgewählte Anwendungen müssen Strukturen eine äußerst präzise Schichtdicke oder eine genau bestimmte Geometrie besitzen. Kleinste Abweichungen können unsere Anlagen auf das Genauste korrigieren.

Bei scia Systems werden für die Anlagen die gesamte Konstruktion, Steuerung und Software entwickelt. Aus den von Unterlieferanten bezogenen Bauteilen werden dann im Technologie Centrum Chemnitz die Anlagen montiert und in Betrieb genommen. Nach circa sechs. 6 Monaten erfolgt die Auslieferung an die Kunden. Dort begleiten dann Ingenieure die vollständige Integration in den Produktionsprozess des Kunden. Für die Anlagenmontage nutzt scia Systems eine Fertigung unter Reinraumbedingungen. „Da sehen die Kunden gleich, dass hier professionell gearbeitet wird“, erläutert Dr. Michael Zeuner, als er sich Haarnetz und Reinraumkleidung überzieht. „Da die Herstellung der Bauteile in Reinraumumgebung stattfindet, muss auch die Maschine schon unter diesen Bedingungen montiert werden“, erklärt er. Vor allem Physiker und Elektroingenieure arbeiten an den rot-weißen Maschinen, die der Komplexität eines PKW ähnlich sind. Nur ist eine Anlage um ein bis zwei Millionen Euro wert“, erklärt der Physiker. Insgesamt verbucht das Unternehmen mittlerweile Jahresumsätze im deutlich zweistelligen Millionen-Bereich und gehört damit zu den umsatzmäßig größeren Unternehmen von Chemnitz.

Wie sind Sie auf die Idee gekommen, solche Maschinen zu entwickeln?
Wir sind letztlich nur technologischen Trends gefolgt. In den letzten 10 Jahren hat insbesondere die Mobilkommunikation die Mikroelektronik dramatisch verändert. Seit es  Smartphones gibt, werden neue Schaltkreise mit neuen anspruchsvollen Funktionalitäten in Serie gefertigt. Daraus resultierten Anfragen von Kunden, wie wir deren Produkt- und Technologieentwicklung begleiten können. Natürlich haben wir ein Basiswissen über relevante Prozesse und Technologien. Aber niemand kann sich heute mehr neue Produkte im stillen Kämmerlein ausdenken, schließlich kommen wir zur finalen Spezifikation einer Anlage immer in der Diskussion mit dem Kunden. Und um diesen Kundenanforderungen zu genügen, ist stets eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen Konstrukteuren, Technologen und Programmierern erforderlich. Darin liegt in technischen Branchen heute der Schlüssel zum Erfolg.

Wie ist Ihnen vor drei Jahren der Start gelungen?
Wir haben hier im TCC mit wenig Fläche begonnen und konnten uns dann schnell und flexibel erweitern. Mittlerweile mieten wir auch außerhalb des TCC Flächen an. Ein wichtiger Punkt in der Startphase war, dass sich die VON ARDENNE GmbH, ein Hersteller für Vakuumbeschichtungsanlagen aus Dresden, zur Hälfte an scia Systems beteiligt hat, damit ist uns die Anschubfinanzierung gelungen.

Gab es für Sie auch einen persönlichen Beweggrund, sich selbstständig zu machen?
Wir waren davon überzeugt, dass wir gemeinsam Neues erreichen können, da stand weniger der Einzelne im Vordergrund. Wir wollten individuelle Kenntnisse zu gemeinsamen Ideen zusammenführen. Das ist uns zweifellos gelungen. Trotzdem ist es natürlich auch für die eigene Entwicklung ein großer Schritt gewesen, indem man für die Kollegen Verantwortung übernimmt, mit denen wir jetzt zusammenarbeiten.

Gab es für die Gründung in Chemnitz einen besonderen Grund?
Die Wahl auf Chemnitz fiel nicht willkürlich. Wir kommen alle aus der Umgebung von Chemnitz und deshalb konnte die Entscheidung für keinen anderen Standort fallen. Auch Fachpersonal konnten wir regional gewinnen. Wir wissen auch, dass die Leute hier bodenständig und loyal sind. Ein Drittel unserer Zulieferer kommt zudem aus der Region.

Welchen Stellenwert hat bei Ihnen Forschung und Entwicklung?
In unserer Entwicklungsabteilung arbeiten zehn Mitarbeiter, alles Physiker. Von unseren Anlagen betreiben wir eigene Ausfertigungen und  arbeiten damit an der Qualifizierung für neue Prozesse und neue Kunden. Sie konzentrieren uns mit der Entwicklung vor allem auf neue Funktionalitäten und auf neue Anwendungen.

Mitarbeiter zu finden, sei bisher kein Problem gewesen, bestätigen die zwei Naturwissenschaftler. Die Nähe zur TU Chemnitz und zur Hochschule in Zwickau hätten sich da oft bezahlt gemacht. „Wir haben einmal gleich vier Studierende eines Studienjahres eingestellt“, erzählen sie. Trotzdem müsse man den Leuten Zeit geben, sich hier einzuarbeiten. Erst nach einem Jahr sei man wirklich fit, um eigene Projekte zu stemmen. Derzeit würden noch weitere Mitarbeiter im Verkauf, im Projektmanagement und in der Elektroprojektierung gesucht.

Muss man den Chemnitzern Mut machen?
Wir haben schon den Eindruck, dass die Chemnitzer ihr Licht unter den Scheffel stellen. Chemnitz muss sich mit seiner Historie und dem Erreichten nicht verstecken. Eigentlich muss man aber allen Ostdeutschen Mut machen, dass sie selbst etwas auf die Beine stellen können. Ein Stück mehr Selbstvertrauen wäre für die ganze Region gut.

 

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