Ein Ort, an dem Sammlerherzen höher schlagen

Jens Burkert & Heidi Helfert

Macher der Woche vom 21. Dezember 2016

SBS DEKO – für Sammler und Kenner alter Waren ein Paradies auf Erden. Und das mitten in Chemnitz. Betritt man die große Halle der beiden Gründer Jörg Scharschmidt und Jens „Kaktus“ Burkert fallen einem sofort Schätze aus vergangener Zeit ins Auge. Zwischen Teekannen, alten Nähmaschinen, Porzellan, Röhrenradios und historischen Möbeln findet jeder, der sich auf den Weg in die Robert-Blum-Straße 21a macht, mindestens eine persönliche Erinnerung. Wir haben uns mit Jens „Kaktus“ Burkert und seiner Mitarbeiterin Heidi Helfert getroffen und uns das Geheimnis von SBS Deko verraten lassen.


Seit wann sind Sie denn hier an dem Standort an der Robert-Blum-Straße?
Jens Burkert:
Seit exakt 20 Jahren. Im August 1996 sind wir hier eingezogen und haben die heiligen Hallen betreten. Der eigentliche Ursprung war allerdings mein Dachboden. Dann ging es weiter nach Niederwiesa. Dort hatten wir eine kleine Räumlichkeit von einem Freund. Nach kurzer Zeit mussten wir uns räumlich vergrößern. Von 1993 bis 1996 hatten wir auf der Emilienstraße eine kleine Lagermöglichkeit und da waren die ersten Dinge, die wir verkauft haben präsentiert. Leider mussten wir wieder ausziehen. Uns wurden verschiedene Ausweichobjekte angeboten und irgendwann standen wir hier hinten in der großen leeren Halle. Damals waren wir drei Einzelpersonen und  noch keine Gesellschafter wie jetzt. Unser damaliger Kompagnon sagte zu uns: „Hier gehen wir rein.“ Ich habe gemeint, er sei völlig verrückt. Das Objekt sei doch viel zu groß. Dann haben wir uns doch dazu entschlossen, das Objekt hier anzumieten. Es hat drei Monate gedauert, dann war die Halle voll.

Wie haben Sie es geschafft, die Halle so schnell zu füllen?
Jens Burkert: Im Grunde genommen war das damals die „Goldgräberzeit“. Kurz nach der Wende wollte jeder Westdinge haben. Alles, was mit dem Osten zu tun hatte, wurde entsorgt. Die Menschen haben ihr komplettes Mobiliar gnadenlos auf die Straße gestellt, ihr altes Leben entsorgt. Und ich habe nur mit dem Kopf geschüttelt. Man kann das doch nicht wegschmeißen. Also habe ich eingesammelt und sortiert. Mir war das einfach zu schade, dass man die Sachen auf die Deponie stellt. In dem Moment war es mir auch total egal, ob irgendjemand die Dinge kauft oder nicht. Für uns ging es zunächst wirklich ums Retten. Dinge aufheben.

Wann hat es begonnen, dass sich Menschen wieder für das alte Mobiliar interessiert haben?
Jens Burkert: Am Anfang kamen Händler, die mehr wussten als wir. Die haben uns die schönsten Dinge sehr günstig abgekauft. Zu Beginn lief das über Mund-zu-Mund-Propaganda. Irgendwann kamen dann die Händler aus Holland. Die haben uns Containerweise die Sachen hier weggekauft. Es war ja wirklich alles in Mengen da. Wir hatten eine unvorstellbar große Radiowand – 1500 Röhrenradios haben die Leute damals einfach weggeschmissen. Alltagsgegenstände, alte Emaille Töpfe – wir haben abertausende Teile eingelesen, angerichtet und dann kam jemand, der sagt, er möchte die alle haben. Es ist ein großer LKW gekommen, wir haben dafür viel Geld bekommen und die Töpfe gingen bis nach Amerika.

Wie kamen solche Kontakte denn zustande? Haben Sie recherchiert?
Jens Burkert: Das hat sich einfach rumgesprochen. Unsere Adresse wurde für 1000 D-Mark in Holland gedealt. Nur die Adresse!

Gibt es in der Größenordnung etwas Vergleichbares wie SBS-Deko?
Jens Burkert: Das werde ich sehr häufig gefragt. Es gibt sicher einige, aber ich kann nicht genau sagen, wer und wo. Und in der Form, wie wir das hier betreiben, kenne ich niemanden. Es kommen immer mehr Leute von außerhalb zu uns. Allerdings ist die Menge der Ware und der Qualität, wie wir sie mal hatten, auch in dem Preissegment, einfach nicht mehr da. Früher hatten wir das wirklich geschenkt bekommen. Jetzt müssen wir es kaufen. Und um die Ware zu generieren, die die Kunden sich wünschen, muss man inzwischen einen riesigen Aufwand betreiben. Unsere Jungs fahren raus, bis ins Vogtland und tragen die Dinge zusammen. Für jedes Teil müssen wir nach Möglichkeit auch noch bezahlen.

Während des Gesprächs betritt Heidi Helfert den Raum. Sie ist seit Mitte 2014 dabei und hat die Fäden im Büro ihrer beiden Chefs fest in der Hand. Sie selbst ist mit den Sachen, die bei SBS-Deko zu finden sind, groß geworden. „Ich musste nichts dazu lernen. Das macht die ganze Sache einfach“ sagt sie lachend. Sie hat den Verleih des Bestandes an Privat- und Firmenfeiern wieder angekurbelt.

Wie viele Kunden kommen denn im Schnitt zu SBS?
Heidi Helfert:
Also man kann das wirklich ganz schwer schätzen. Im Durchschnitt kommen ca. 150 Menschen. Wenn man Sommer und Winter ausgleicht. Es kommen ja auch viele wirklich bloß gucken. Das bekommt man bei dieser riesen Fläche manchmal gar nicht mit.

Gibt es Zeiten, in denen besonders viele Kunden kommen?
Jens Burkert: Wir können hier wirklich überhaupt keine Prognosen stellen. Jeder Tag ist anders. Wir können also auch keine Statistik führen.
Heidi Helfert: Jeden früh, wenn ich hierher komme, blinkt der Anrufbeantworter, das E-Mail-Postfach ist voll. Die Leute melden sich bei uns zum Beispiel für eine Haushaltsauflösung. Und das sind am Tag mehrere. Da können wir tolle Schätze entdecken, es kann sich aber auch um eine reine Müllentsorgung handeln. Wir wissen es einfach nicht. Jeder Tag ist ein neuer Tag mit immer neuen Überraschungen. Inzwischen lassen wir uns vorab Fotos zusenden, damit wir einschätzen können, ob es in die Stilrichtung passt und sich lohnt, dahin zu fahren oder ob es sich einfach nicht lohnt. Das kostet ja auch alles Geld.
Jens Burkert:  Wir wissen tatsächlich so gut wie nie, was uns erwartet. Zum Glück trifft Heidi eine Vorauswahl. Jetzt haben wir auch eine sinnvolle Terminierung. Sodass wir gezielt raus fahren können.

Wenn ihr dann neue Schätze bei solchen Haushaltsauflösungen gefunden habt, arbeitet ihr die Möbel dann auch auf?
Jens Burkert: Wir säubern und restaurieren Kleinigkeiten. Wir sind aber keine Restauratoren.
Heidi Helfert: Wenn ein Schloss klemmt, machen wir was. Oder wenn ein Bein abgebrochen ist, dann bringen wir es wieder an. Aber dann erschöpft sich die Geschichte schon. Wir verkaufen, und das muss man auch ganz klar und deutlich sagen: Dekoration! Das heißt, wir können keine Funktionstüchtigkeit gewährleisten und wir können nichts ausprobieren und nichts reparieren. Wenn der Kunde hier ein Gerät kauft, kann er das natürlich an einer Steckdose ausprobieren und gucken, ob es funktioniert. Aber es gibt keine Garantie und keine Gewährleistung. Es ist reine Dekoration. Genauso ist es auch mit den Möbelstücken – der Kunde kann sich das gerne angucken, er weiß, dass es gebraucht ist. Wir machen das ein bisschen schick, aber es bleibt in dem Zustand, wie es bei uns rein kommt. Sonst könnten wir auch die Preise nicht so machen.

Wie machen Sie die Preise denn fest?
Jens Burkert: Naja, das sind Erfahrungswerte, Bauchgefühl und natürlich Marktanalyse. Wir checken den Markt natürlich ab. Müssen aber schon unterscheiden, dass Leute auf dem Flohmarkt Waren anbieten und es günstiger verkaufen. Es gibt natürlich Antiquitätengeschäfte, die es teurer verkaufen. Irgendwo in der Mitte finden wir uns wieder. Wenn hier ein Preis dran steht, dann steht der zwar dran, darf aber gerne gehandelt werden. Wir sind verpflichtet die Ware auszupreisen und natürlich kommt es vor, dass wir mal über das Ziel hinaus schießen, aber wir verkaufen Zweidrittel von der Ware, die kommt, recht schnell wieder weiter.

SBS-Deko erfüllt aber nicht nur alle vorstellbaren Träume von Sammlern. Hauptgeschäft ist ebenso der Verleih von Requisiten an Film- und Fernsehproduktionen und an Theater. Allein im Jahr 2016 hat SBS-Deko Unmengen an Filmen ausgestatten. Darunter sind beispielsweise auch der „Tatort“, „Soko Leipzig“, Filmreihe „Bibi und Tina “ und der neue Film von Olaf Schubert „Olaf der Weltverbesserer“.

Gibt es bei Ihrem Requisitenverleih an Filmproduktionen etwas, worauf Sie besonders stolz sind?
Heidi Helfert: „Kommen Rührgeräte in den Himmel“! Ein Dokumentationsfilm, der im September 2016 in die Kinos gekommen ist. Schon vor meiner Zeit hat man angefangen, bei SBS-Deko Interviews zu führen und zu recherchieren.
Jens Burkert: In dem Film geht es um die Nachhaltigkeit der DDR-Produkte. Früher wurden eben die Dinge für die Langlebigkeit gebaut. Heutzutage ist das bei weitem nicht mehr der Fall. Es ist ein Dokumentarfilm in Spielfilmlänge. Im Clubkino Siegmar lief der Film. Ich war dann in der zweiten Vorstellung, wollte mich inkognito reinschmuggeln. Das hat leider nicht geklappt, da der Programmchef mich groß angekündigt hat. In kleinen Kinos wird er sicher irgendwo noch zu sehen sein. Bald soll er auch auf DVD oder online erscheinen.
Heidi Helfert: Abgesehen davon arbeiten wir oft für die Produktionen von ARD und MDR. Oftmals stehen die Teams dann unangekündigt hier und wollen auch sofort etwas mitnehmen. Ich nehme mir dann die Zeit, um das Team gezielt durch unsere Hallen zu führen und geeignete Stücke herauszusuchen. Häufig ist auch eine der namhaftesten Produktionsfirmen Deutschlands – Wiedemann & Berg Television GmbH – in unserem Hause.

Seit inzwischen fünf Jahren gibt es den Buchladen in der Nachbarhalle. Dort finden Leseratten wahre Schätze vergangener Zeit. Doch nicht nur Bücherfans kommen auf ihre Kosten. Unzählige Dekoartikel, Gemälde, Fotos und Schallplatten sind liebevoll sortiert und unverwechselbar aufbereitet. Jedes Teil kann gekauft werden. Wo kein Preis dran steht, kann nachgefragt werden. Wer also noch die letzten Weihnachtsgeschenke sucht, wird doch auf jeden Fall fündig!

Sie sind jetzt seit 20 Jahren in diesen Hallen. Gibt es Meilensteine bei SBS-Deko?
Jens Burkert: Wir sind Stück für Stück gewachsen. Ein wirklicher Meilenstein war die Übernahme des Gesamtobjektes. Und die Trennung von unserem ehemaligen Geschäftspartner. Am Anfang waren wir zu Dritt, haben 1998 eine GbR gegründet. Harald Seifert war von Anfang mit dabei und hat sich 2008 aus persönlichen Gründen von uns getrennt. Inzwischen haben wir wieder einen dritten Mann dabei. Aber Jörg Scharschmidt und ich halten die Fäden in der Hand. Als uns Harald Seifert verlassen hat, haben wir uns auch dafür entschieden, das Gesamtobjekt zu kaufen. Wir standen damals vor der Wahl: Entweder raus und ein neues Objekt suchen oder wir versuchen das Ding zu kaufen. Und das haben wir dann auch gemacht.

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