Die Zauberinsel

Hendrik Hadlich & Thomas Naumann

Macher der Woche vom 25. Mai 2016

Vor 10 Jahren feierte ein kleines Festival zum ersten Mal mit Feuershow und Theater auf der Schloßteichinsel. Ende Mai füllt sich dieser Ort nun wieder bei Fuego a la isla  mit guter Laune, feiner Musik, gewürzt mit ein bisschen Magie und einer Prise Glück. Hinter dem Festival stehen jede Menge Macher aus der Chemnitzer alternativen Szene. Hendrik Hadlich von Pyrocatharsis und Thomas Naumann vom Chemnitzer Label Krawallzwang Records haben sich für uns Zeit genommen.


Wie habt Ihr vor zehn Jahren angefangen?
Hendrik Hadlich:
Die erste Veranstaltung hieß Circus a la isla. Sie ist von der Feuertheatergruppe Pyrocatharsis ins Leben gerufen worden.  Wir wollten Zirkus- und Theaterpädagogik in Chemnitz bekannter machen. Daraus hat sich die Mischung aus Musik und Workshopangeboten entwickelt. Von Jahr zu Jahr hat sich das Festival verändert und ist gewachsen. Während wir am Anfang hauptsächlich Vereine angeschrieben haben, die sich wie wir mit Theaterpädagogik beschäftigen, sind jetzt viele kulturelle Vereine  aus der ganzen Stadt im Boot.

Wo seht Ihr eure Nische?
Hendrik Hadlich: Der Ursprungsgedanke vor zehn Jahren war, dass in Chemnitz ein Festival fehlt, bei dem man auch seine Kinder mitnehmen kann.  Wir wollten dafür gute Kultur zu einem schmalen Taler anzubieten.
Thomas Naumann: Entweder man setzt auf Headliner, dann sind die Leute auch bereit bis zu 25 Euro zu bezahlen.  Aber für kleine und neue Angebote sind die Chemnitzer meist weniger experimentierfreudig. Es gibt ja auch mit dem Aaltra und den Subway oder dem Exil Lokale, die Kultur gegen einen Obolus im Hut anbieten.

Waren es vor zehn Jahren zu Beginn des Festivals 300 bis 350 Besucher, kamen letztes Jahr bis zu 2500 Menschen auf die Insel. „Wir machen uns immer von Jahr zu Jahr Gedanken, wie wir das Festival weiterentwickeln wollen“, erklärt Hendrik und zählt die verschiedenen Namen auf, die das Festival am Anfang trug. Nach Circus a la isla fiel die Entscheidung auf Theatro a la isla, ein Jahr später auf Arte a la isla. 2010 hieß es erstmals Fuego a la isla und fand zweitägig statt.

Warum blieb gerade Fuego?
Hendrik Hadlich: Der Ursprung ist diese Feuertheatergruppe. Und der Titel entspricht dem Charakter am meisten. Wir hatten mit dem ersten Fuego damals zu Pfingsten über 1000 Besucher. Da dachten wir: ehe wir jetzt jedes Jahr auf Krampf einen neuen Titel suchen, bleiben wir bei Fuego. Bei 1000 Leuten war der Name auch gesetzt.

Wer steckt noch so hinter dem Festival „Fuego a la isla“?
Hendrik Hadlich: Der Verein Pyrocatharsis und das AJZ halten den Rahmen für das Festival. Es gibt zwei Bühnen, die direkt von uns bespielt werden.  Der Rest wird von Crews oder Einzelpersonen bestritten. Beispielsweise von der Spinnerei und der Sanistelle.  Der Insel-Lounge-Floor wird von einem Freundeskreis rund um die Grüne Helene gestemmt.
Thomas Naumann: In Chemnitz kennt man sich eben. Wir haben Anfang der 90er Jahre in der Techno-Szene angefangen und sind bis heute als Veranstalter unterwegs. Ich selbst bin als Mr. Spooky unterwegs. Ein guter Geist, der schaut, was er möglich machen kann.

Ist das Fuego a la isla somit ein Gemeinschaftsprojekt der Chemnitzer Subkultur?
Thomas Naumann: Ich würde schon sagen, dass ein Teil der  alternativen Szene von Chemnitz an diesem Projekt gut zusammen arbeitet.
Hendrik Hadlich: Unser Schwerpunkt hat sich im Vergleich zur Anfangszeit etwas mehr auf die Musik verschoben. Die Workshops sind aber auch ein wichtiger Bestandteil geblieben.

„Es geht ums selber machen und selbst erleben“, erklärt Hendrik. Neben der Musik gibt es bei Fuego a la isla viel zu basteln, zu experimentieren und zu staunen. „Wir wollen nicht nur eine Hüpfburg aufbauen, wo die Kinder bespaßt werden. Sie sollen aktiviert werden, etwas selbst zu machen, was sie dann beispielsweise auch mitnehmen können“, verdeutlicht er den Anspruch seines Teams. Hulahup-Reifen bauen und einen Workshop zum Trainieren seien Dinge, die die Kinder noch lange im Gedächtnis behalten. Auch mit im Angebot: Siebdruck, Töpferei, kreatives Lampenbauen aus Naturmaterialien.

Hat es bisher immer mit dem Wetter geklappt?
Hendrik Hadlich: Fast. Beim siebten Fuego a la isla mussten wir die Veranstaltung ins AJZ verlegen. Das war das Jahr, in dem das Hochwasser in Chemnitz viel zerstört hat. Da war auch zum ersten Mal die Crew der Sanistelle mit dabei. Die Jungs von der Spinnerei haben von sich aus angefragt, ob sie mitmachen können. Das war für uns eine große Ehre. Wir sind ja ein rein ehrenamtlich organisiertes Festival und freuen uns sehr, dass hier die lokalen Profis mitmachen.

Was verbindet Euch alle miteinander?
Thomas Naumann: Wir wollen weitestgehend hierarchiefrei arbeiten,  dem Gegenüber etwas zutrauen, anderen auch Entscheidungen überlassen, selber gestalten und selber ausprobieren sowie eine fehlerfreundlichen Umgang miteinander pflegen.
Hendrik Hadlich: Nach dem Motto „Another world ist possible“ oder als Vorbild die „Do ist yourself“-Kultur.  Durch das Miteinander agieren, Lernen und Wachsen inspirieren wir uns und andere Menschen. Bei uns sind Macherinnen und Macher sehr gefragt. Wenn jemand fragt, ob er oder sie mitmachen können, fragen wir zuerst, was sie machen wollen. Wir glauben daran, dass Menschen dort gut sind, wo sie gerne sind.

Was ist dieses Jahr musikalisch besonders?
Hendrik Hadlich: Eigentlich wollte ich auf Grund des 10-jährigen Jubiläums dieses Jahr auf einen Headliner setzten. Aber die Crew hat mich von dieser Idee zum Glück abgebracht. Wir haben ja auch schon viele Headliner Festivals in der Region.  Und unser Konzept geht ja auch auf.
Thomas Naumann: Ein Großteil unserer Besucher kennt die Bands nicht. Es sind einfach alle Bands gut.

Aber ein paar Tipps sind doch trotzdem drin?
Hendrik Hadlich: Wir haben einen Dauerbrenner, das ist das Provinztheater Krefeld. Das ist eine zwölfköpfige Kapelle, die am ehesten Straßenmusik spielt. Die bringen auch noch eine andere Band mit, die mit 16 Musikern und eine Art Brass-Hip-Hop die Bühne zum Beben bringen.  Organic Waldtechno, liveproduzierte elektronische Klänge mit Gitarre und Geige, gibt’s von Moglebaum aus Düsseldorf. Aus Bristol kommen The Inexplicables, die Beatbox, Reggea, Hip-Hop darbieten.
Thomas Naumann: Jede Band ist auf ihre Art einzigartig. Da wir ein großes Team sind, bringt auch jeder seine Vorschläge mit und es entsteht eine große Bandbreite.
Hendrik Hadlich: Im Sommer nach dem Festival werten wir alles gemeinsam aus und gehen dann auch gleich wieder auf die Suche. Im November ist dann das Booking meistens abgeschlossen. Mit Beginn des neuen Jahres hab ich diesmal trotzdem wöchentlich Bandanfragen erhalten. Es ist mittlerweile ein Selbstläufer geworden.

Was ist für Euch das Besondere an der Schloßteichinsel?
Thomas Naumann: Es ist wahnsinnig paradiesisch. Der Blick aufs Wasser, die Kulisse der Schlosskirche – das sind eindrucksvolle Bilder.
Hendrik Hadlich: Natürlich hat die Nähe zur Innenstadt auch seine Nachteile, wenn es beispielsweise um den Lärmschutz geht. Da haben wir kurz überlegt, woanders hinzugehen. Aber viele haben uns bestärkt, dass wir bleiben sollen. Wir sind die einzigen, die diesen Ort mit einem Festival bespielen. Wir haben jetzt die nächstliegenden Klubs mit einem After-Show-Angebot angeschlossen: das aaltra, die Zukunft und das Odradek. Und die waren voriges Jahr auch alle voll.

Ist es schwer, solch ein Festival ehrenamtlich auf die Beine zu stellen?
Hendrik Hadlich: Wir haben seit Jahren eine wirklich gute, vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Grünflächenamt und dem Ordnungsamt. Was schwierig ist,  ist die Bauruine, weil wir Zusatzkosten für das Stellen einer Extrabühne haben. Und die Lärmschutzauflagen sind nicht ohne.  Aber eine positive Neuerung gibt es auch: wir haben eine Öko-Kompost-Firma gefunden, die unsere Toiletten anliefern kann,  so dass wir hier ökologisch handeln. Auch die Gastronomen werden ökologisch abbaubares Verpackungsmaterial verwenden.

Am gleichen Tag spielt Megaloh bei Rock am Kopp in der Innenstadt. Hat euch die Überschneidung geärgert?
Hendrik Hadlich: Als ich davon gehört habe, zuerst ja. Aber eigentlich ist es doch super. Dadurch sind viele Menschen in der Stadt, die gegen 18 Uhr noch etwas erleben wollen.
Thomas Naumann: Wenn in der Stadt insgesamt viel los ist, hilft das allen.

Was, denkt ihr, bewirkt ein Festival wie Eures für das Image der Stadt?
Hendrik Hadlich: Es ist einfach gut für diese Art von Kultur, die wir zeigen. Die gibt es. Und die lebt in dieser Stadt. Dass wir außergewöhnliche Bands in die Stadt holen und unser Festival erfolgreich ist, passt hierher. Und letztlich inspiriert uns der Input von außen auch selbst. Wenn wir sehen, dass es jetzt das Innenstadtfestival Fete de la music gibt, die einen ähnlichen kulturellen Anspruch haben. Das ist ein riesiger Gewinn für die Stadt.
Thomas Naumann: Viele Leute, die ich kenne und die aus Chemnitz weggezogen sind, kommen genau an diesem Wochenende wieder nach Chemnitz. Manchmal als Helfer und Helferin oder ganz einfach als Besucher oder Besucherin. Das finde ich total schön.

Muss man den Chemnitzern Mut machen?
Hendrik Hadlich: Im Sommer auf jeden Fall nicht. Ich finde, wir haben eine gute Festivalsaison. Vom Aaltra Open Air, Kosmonaut-Festival bis zum Slackfest. Es gibt viele kleine Events, wie die Spontanpartys. Wer raus geht und offen ist für Neues, der kann in Chemnitz einiges entdecken.  Und das Fuego ist für mich der Beweis dafür, dass es hier viele Leute gibt, die Interesse an guter Qualität haben und etwas auf die Beine stellen wollen.
Thomas Naumann: In Chemnitz kann man mehr machen, als man der Stadt zutraut. Die Clubszene hat eine äußerst gute Qualität im Vergleich zu anderen Großstädten und ist über Jahre gewachsen. Da braucht sich Chemnitz nicht verstecken.

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