Energieeffizientes Fahren

Fortis Saxonia e. V.

Macher der Woche vom 29. Juni 2016

Dass Öko nicht langweilig sein muss, beweist das studentische Forschungsprojekt Fortis Saxonia e. V. Seit elf Jahren tüfteln 15 junge Menschen an der TU Chemnitz an einem energieeffizienten Fahrzeug. Liebevoll nennen sie das weiß-grüne Mobil, das in der interdizplinären Arbeit entsteht, „EcoBee“. Vier Räder, viel Carbon und hunderte Meter Kabel. Am 30. Juni starten sie damit in den Shell Eco-marathon in London. Gemeinsam mit ca. 200 weiteren Teams aus Europa und Afrika. Über ihre Forschungsarbeit erzählen Patrick Schaarschmidt und André Bürger.


Energieeffiziente Fahrzeuge – was heißt das genau?
Patrick Schaarschmidt:
Wir entwickeln Leichtbaufahrzeuge, die den Zweck haben, so wenig Energie wie möglich zu verbrauchen. Unsere Fahrzeuge sollen so leicht wie möglich und so effizient wie möglich sein. Der Shell Eco-marathon bietet uns die Möglichkeit, uns in einem internationalen Wettbewerb zu vergleichen.

Wie aufwendig ist eure Arbeit?
Patrick Schaarschmidt: In den Wochen vor dem Wettbewerb sind wir eigentlich 24 Stunden am Tag hier oder in der Werkstatt. Ansonsten treffen wir uns mindestens einmal in der Woche und sonst je nach dem was anfällt. Mehrere tausend Stunden Planung und Bauzeit kommen hier schon zusammen.

Wie setzt sich euer Verein zusammen?
Patrick Schaarschmidt: Derzeit sind wir 15 aktive Mitglieder. Es wechselt aber ständig. Leute beenden ihr Studium. Und wir versuchen immer wieder neue Mitglieder anzuwerben und sie mit im Team zu integrieren. Prinzipiell sind wir alle Studenten der TU Chemnitz. Vor ein paar Jahren waren auch Studierende aus Zwickau dabei, die das Design entwickelt haben. Wir haben Leute, die sich um die Öffentlichkeitsarbeit kümmern, Leute für die Motorentwicklung und natürliche Leute, die das Fahrgestell bauen.

Wo ist das Thema an der Uni angegliedert?
Patrick Schaarschmidt: Wir sind ein eigenständiger Verein, also gehören wir nicht zur Uni direkt dazu, arbeiten aber eng mit verschiedenen Professoren und auch der Verwaltung in der Uni zusammen. Wir nehmen an Ausstellungen teil. Wir versuchen, die Grundlagenforschung mit in unser Fahrzeug zu integrieren. Daraus sind schon einige schöne Kooperationen entstanden. Vor allem der Leichtbau und die alternativen Fahrzeugantriebe sind die größten Schnittstellen.

André Bürger studiert Automobilproduktion. Patrick Schaarschmidt studiert Maschinenbau. Aber auch andere Studienfächer aus den technischen Bereichen sind vertreten. „Viele Vereinsmitglieder studieren Elektrotechnik und Mechatronik. Sie kümmern sich um den Antriebsstrang, die Brennstoffzelle für den Elektronmotor“, erzählen beide. „Das können sie besser als Maschinenbauer“, fügt Patrick lachend an. Stolz sind sie auf ihren „Sax4“, der im Treppenaufgang der Reichenhainer Str. 29 steht. Mit diesem hatten sie es 2013 geschafft, 2200 km mit 1 Liter Superbenzin zu fahren. Damit waren sie europaweit Fünfter.

Wie habt ihr das Projekt nach dem Erfolg 2013 als Fünfter weiterentwickelt?
Patrick Schaarschmidt: Der Prototyp im Treppenhaus ist schon die vierte Generation von dem Fahrzeug. Mit dem Sax4 haben wir das Maximum an Effizienz erreichen wollen und sind umgerechnet ca. 2200 km mit 1 Liter Superbenzin gefahren. Dann haben wir uns entschlossen, ein neues Projekt anzufangen und in einer anderen Kategorie zu starten. Dadurch konnten wir neue Mitglieder gewinnen, die ihre Ideen eingebracht haben. Daraus ist nun unsere „EcoBee“ entstanden.

Und was ist das für eine Kategorie?
Patrick Schaarschmidt: Es nennt sich Urban Concept. Der Sinn ist ein vierrädriges, straßentaugliches Fahrzeug zu bauen, das auch im Alltag gefahren werden könnte. Jedoch haben die meisten Teilnehmer nur kleine Schüsseln. Aber wir wollten in unserem Fahrzeug gemütlich drin sitzen und es sollte straßentauglicher sein. Durch den extremen Leichtbau ist es für den öffentlichen Verkehr dennoch nicht zu empfehlen.

Kann man für das Fahrzeug eine Zulassung für den Straßenverkehr bekommen?
Patrick Schaarschmidt: Nein, höchstens als Zulassung mit Begleitfahrzeug. Aber die Straßenverkehrsordnung im vierrädrigen Bereich ist sehr streng. Es müssten Versagenstests gemacht werden. Ein Grundrahmen kostet schon eine Menge Geld und wenn man dafür noch zwei kaputt machen muss, um nachzuweisen das es hält…das ist schwierig.

Wenn ihr bei dem Marathon in London mitmacht: Wer fährt dann euer Auto?
Patrick Schaarschmidt: Wir haben in unserem Team eine Frau, die das Auto fährt. Man darf sich das aber nicht als klassisches Rennen vorstellen. Wir versuchen ja so energiesparend wie möglich zu fahren. Unsere Topgeschwindigkeiten liegen bei 35km/h. Die Durchschnittsgeschwindigkeit muss mindestens 25 km/h betragen. Wir fahren auf einem Rundkurs mit acht Runden. Insgesamt sind das 17,9 km, die wir in 43 Minuten zurücklegen müssen.
André Bürger: Jedes Fahrzeug fährt auch einzeln. Wir treten also nicht in einem direkten Rennen gegen andere Fahrzeuge an. Jeder wird einzeln auf die Strecke gelassen. Wenn einer von der Strecke runter kommt, kann der nächste starten. Man könnte theoretisch so oft starten, wie man will. Am Ende wird die beste Zeit gewertet.

Habt ihr mit den anderen Teams aus Deutschland Kontakt, auch unabhängig von den Rennen?
André Bürger: Natürlich, wenn es Probleme gibt, schreibt man mal eine nette Mail und bekommt auch eine nette Antwort. Aber persönlichen Kontakt gibt es leider nicht.

Wo sind die anderen Standorte?
Patrick Schaarschmidt: Der nächste Standort ist Merseburg, das Team „ecoemotion“. Dann noch u.a. in Trier, Braunschweig, München, ein Team kommt aus Hamburg. Insgesamt gibt es 19 deutsche Teams. Wir sind die einzigen aus Sachsen. Die Franzosen sind laut den Tabellen ein Vorreiter und können über 3000 km mit nur 1 Liter Benzin fahren, das ist ziemlich verrückt… Das ist wahrscheinlich auch historisch bedingt, weil der Wettbewerb in den 60er Jahren in Frankreich entstanden ist. In Frankreich gibt Studienfächer, in denen 50 Studenten und drei Professoren ein Auto entwickeln. Da steckt viel Manpower und auch Geld dahinter. Das ist dann immer schwierig, gegen sie anzutreten und zu gewinnen. Da waren wir mit dem fünften Platz sehr glücklich und das beste deutsche Team. Das hat sich leider bis jetzt mit der „EcoBee“ noch nicht ergeben.

Wie sind denn eure Chancen jetzt für den Wettbewerb in London?
André Bürger: Aus unserer Sicht gut, aber es gibt auch viele Unbekannte. In London war der Wettbewerb noch nie. Es ist eben eine neue Strecke, neue Rahmenbedingungen. Von daher können wir die Konkurrenz nicht einschätzen und wie wir abschneiden werden. Wir müssen  selber erst mal sehen, wie es auf der realen Rennstrecke ist. Wir konnten hier nur auf Parkplätzen testen.

Seid ihr mal auf dem Sachsenring gefahren?
Patrick Schaarschmidt: Der ist leider zu steil, da kommen wir nicht hoch. Wir sind aber auf dem Flugplatz in Jahnsdorf letztes Jahr gefahren und auf dem Messeparkplatz. Wie es dann real aussieht, werden wir bei den Testläufen in London sehen.

Wie sehen eure Zukunftspläne mit dem Verein in den nächsten Jahren aus?
André Bürger: Wir wollen das Rezirkulationsgehäuse der Brennstoffzelle, mit welchem die optimale Temperatur gehalten werden kann, optimieren und nebenbei haben wir noch ein zweites Projekt angefangen. Wir wollen noch ein Motorrad bauen, das auch auf diesem Konzept funktioniert. Dafür gibt es dann zwar keine Wettbewerbe wie auf vier Rädern, aber es gibt ja die „WAVE Trophy“, die vergangenes Jahr auch in Chemnitz war. Wir wollen dort mit dem Motorrad antreten und die Tour mit einer Prototypen-Zulassung mitfahren. Damit das Fahrzeug auch auf öffentlichen Straßen fahren darf.

Kommt ihr aus Chemnitz?
Patrick Schaarschmidt: Ich komme aus Chemnitz. Mir gefällt es hier nach wie vor, sonst wäre ich schon weg (lacht). Ich war mal ein Jahr in Australien, bin aber sehr gern wieder zurück nach Chemnitz gekommen. Und habe mich für das Studium hier entschieden. Hier findet man alles, was man braucht.
André Bürger: Mich hat die Universität hierher gezogen. Bin jetzt in meinem vierten Semesterstudium. Ich finde es hier ganz gut, es gefällt mir.
Patrick Schaarschmidt: Die Infrastruktur hat sich in den vergangenen Jahren schon sehr verändert. Das öffentliche Leben könnte manchmal mehr sein. Aber entwickelt sich – Rock am Kopp, Fuego a la isla…Und so weiter. Das sind schöne Angebote.

Wie kam es dazu, dass sich ausgerechnet in Chemnitz so ein Verein wie eurer gründen konnte?
Patrick Schaarschmidt: Der Verein wurde vor elf Jahren aus der Fachschaft des Maschinenbaus gegründet. Damals haben sich die Leute überlegt, sich ein Auto zu bauen.  Erste Überlegung war, in die „Formula Student“ Richtung zu gehen. Aber da gibt es eben gerade im Umfeld eine sehr große Konkurrenz: zum Beispiel in Mittweida, Zwickau und Freiberg. Und dann hat man doch etwas entwickelt, bei dem es nicht die unmittelbare, regionale Konkurrenz gibt, sich aber dennoch international in Wettbewerben messen kann. Das Reglement beim Formula Student ist auch sehr umfassend und der Zeitplan ist sehr eng. Beim Shell Eco-Marathon gibt es mehr Freiheiten. Die TU Chemnitz hat uns auf diesen Weg auch sehr unterstützt.

Habt ihr auch Unterstützung von hier angesiedelten Unternehmen?
Patrick Schaarschmidt: Ein enger Partner in der Region ist Eissmann Cotesa GmbH, mit Sitz in Mittweida, dort fertigen wir auch unsere Carbonteile. Sie unterstützen uns wirklich jedes Jahr ungeheuer. Ein weiterer sehr guter Partner ist die chemmedia AG aus Chemnitz.

Muss man den Chemnitzern Mut machen?
André Bürger: Das würde ich eher nicht so sehen. Es entwickelt sich in Chemnitz viel von sich heraus. Das Bemühen ist auf jeden Fall da und am Ende gibt es sichtbare Ergebnisse.
Patrick Schaarschmidt: Ich würde sagen, man sollte den Chemnitzern schon Mut machen, einfach mal vor die Tür zu gehen. Es gibt viel zu entdecken. Einfach mal nicht meckern, sondern sich die Stadt mit Freude ansehen.

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