Stolpersteine in Chemnitz
Curt Walter Stopp
Foto: Stadt Chemnitz, Pressestelle
Curt Walter Stopp
Geboren: 29.10.1898
Gestorben: 11.09.1940
Verlegeort:
Amalienstraße 62, heute Tschaikowskistraße 62
Stolperstein-Verlegung am:
17. Mai 2022
Lebensweg
Foto: Nachlass Familie Stopp
Der Lehrer Walter Stopp war einer der vielen Menschen, die im NS-Staat aufgrund von psychischen Krankheiten oder Behinderung diskriminiert und in einer der »Euthanasie«-Anstalten ermordet wurden. Bis ins hohe Alter erinnerte sich sein Neffe Günter Stopp an seinen unbekannten Onkel, den er nie persönlich kennenlernte. Erst nach dem Tode seiner älteren Schwester vor einigen Jahren bekam er Unterlagen, die ihm halfen, das Schicksal seines Onkels vor der endgültigen Vergessenheit zu bewahren.
Walter Stopp wurde in Breitenbrunn im Erzgebirge als Sohn eines späteren Zollinspektors geboren. Eduard Louis Stopp (1864−1954) und Anna Selma Günther (1869-1954), die Eltern, hatten noch zwei weitere Söhne und eine Tochter. Walter war begabt und entschied sich für ein Studium am Königlichen Lehrerseminar in Frankenberg. Die Teilnahme am Ersten Weltkrieg (1918) veränderte sein Leben. Obwohl er nur einmal im Felde war, wurde er verschüttet und erlitt eine Gasvergiftung. Ohne Rente wurde er, erst 20-jährig, entlassen. Walter Stopp arbeitete fortan als Lehrer und wurde sogar am 3. Juli 1925 zum Leiter der Schule in Unterstützengrün gewählt. Aus gesundheitlichen Gründen lehnte er die Wahl jedoch ab. Daraufhin wurde er am 29. August 1925 vom Schularzt untersucht. Im Ergebnis dessen wurde er vom Bezirksschulrat von seinem neuen Amt endgültig entbunden.
Walter Stopp ließ sich danach vom Schulrat befristet beurlauben. Er lebte wieder bei seinen Eltern. Gartenarbeit half ihm in dieser Zeit. Sein Gesundheitszustand verschlechterte sich dennoch in der Folgezeit. Laut Auskunft seines Neffen Günter lag dies wohl daran, dass er seine homosexuelle Veranlagung in dieser Zeit unterdrücken musste. Walters Vater stellte im Januar 1926 bei seinem Sohn »eine gewisse Unlust zur Arbeit«, starke Kopfschmerzen und Selbstmordabsichten fest. Daraufhin wurde Walter Stopp am 30. April 1926 in die Städtische Nervenheilanstalt eingewiesen. Die behandelnden Ärzte vermuteten Schizophrenie als Grundleiden.
Am 3. Oktober 1926 holten die Eltern ihren Sohn nach Hause. Sein Zustand wurde in den Akten als »gebessert« beschrieben. Nach acht Tagen verschlechterte sich Stopps Befinden erneut. Halluzinationen bestimmten fortan sein Leben. Dr. Curt Berliner, sein Hausarzt, wies ihn daraufhin am 5. Dezember 1926 erneut in die Nervenklinik ein. Sein Zustand verbesserte sich trotz Therapie diesmal jedoch nicht. Er verlangte nach Schlangengift, um sich zu vergiften. Nachdem er Pfleger angriff, willigte er schließlich am 22. März 1927 ein, sich in die Landes-Heilund Pflegeanstalt in Zschadraß überführen zu lassen. Dr. Rudolf Melzer, der behandelnde Arzt, bestätigte die ursprüngliche Diagnose. Walter Stopp wurde daraufhin mit einem Krankenwagen zum Bahnhof und mit der Bahn nach Zschadraß gebracht. Er sollte nie mehr nach Chemnitz zurückkehren. Sein Vater übernahm die Pflegekosten.
Am 11. September 1940 wurde Walter Stopp zusammen mit 70 weiteren Patienten mit einem Transport (»Aktion T4«) zur Vergasung in die Tötungsanstalt Pirna-Sonnenstein verlegt und mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit noch am selben Tag dort ermordet.
Günter Stopp zeigte sich wenige Monate vor seinem Tode hocherfreut, dass seine aufwändige Spurensuche einen würdigen Abschluss finden wird.
Hier liegt der Stolperstein für Curt Walter Stopp:
Stolpersteine in Chemnitz
Es ist ein Projekt gegen das Vergessen: in Chemnitz werden seit 2007 jährlich Stolpersteine verlegt.
Eingelassen in den Bürgersteig, erinnern die Gedenksteine an tragische Schicksale von Mitbürgern, die während des nationalsozialistischen Regimes verfolgt, deportiert, ermordet oder in den Tod getrieben wurden.
mehr