25.09.2013
Pressemitteilung 626

Stolpersteine rücken Schicksale ehemaliger Chemnitzer in den Blickpunkt


Seit heute erinnern weitere 18 Stolpersteine an von den Nazis ermordete Bürger der Stadt – zur Verlegung durch Projektinitiator Gunter Demnig kamen
Chemnitzer Schüler und Lehrer, Bürger der Stadt und Nachkommen der Opfer

Über 50 Schüler und Lehrer des Dr.-Wilhelm-André-Gymnasiums versammelten sich heute, 9 Uhr, an der Henriettenstraße 50, dem letzten Wohnort der Familie Kupferberg: Als Paten der Stolpersteine zum Gedenken an Heinrich Kupferberg (1882–1942), seine Ehefrau Frieda Kupferberg (1882–1942) und ihre Tochter Ilse-Lotte Kupferberg (1926–1942) erinnerten sie gemeinsam mit zahlreichen Bürgern an das tragische Schicksal der Familie, die am 10. Mai 1942 in das Ghetto Belzyce bei Lublin deportiert und dort ermordet wurde. Nur ein paar hundert Meter weiter, im heutigen Dr.-Wilhelm-André-Gymnasium, lernte die damals 15-jährige Ilse-Lotte Kupferberg. Zur Einweihung des Stolpersteins direkt vor dem Eingang des Schulgebäudes ließen die Schüler weiße Luftballons in die Luft steigen.

„Diese Gedenksteine sollen zum gedanklichen Stolpern im Sinne von Innehalten anregen“, erläuterte Kulturbürgermeister Philipp Rochold das Anliegen. Das Projekt trage dazu bei, „dass die heutigen und folgenden Generationen auf Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt aufmerksam gemacht werden, die während der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft in Deutschland verfolgt und ermordet worden sind.“ Im Beisein des Projektinitiators und Künstlers Gunter Demnig würdigte er die breite Unterstützung, die das Projekt in Chemnitz seit dem Jahr 2007 durch zahlreiche Institutionen, Vereine und interessierte Bürger erfährt.
Insgesamt erinnern mit der heutigen Verlegung im Stadtgebiet 81 Stolpersteine an ehemalige Bürger von Chemnitz.
 
„Hier wohnte / arbeitete …“ – 18 neue Stolpersteine mit dieser Aufschrift wurden heute an elf Stellen in Chemnitz verlegt. Die auf kleine Messingplatten eingravierten Lebensdaten geben Auskunft über einstige Bewohner von Chemnitz, die mitten unter uns lebten, aber auf Grund ihrer Herkunft, Religion, politischen Gesinnung Opfer nationalsozialistischer Willkür wurden. Unter ihnen angesehene Unternehmer, wie zum Beispiel Leopold Steinhardt (1883–1939), Besitzer einer Trikotagenfabrik in Chemnitz. Gemeinsam mit seinem Sohn Hans Adolf Steinhardt (1923–1939) kam er bei dem Schiffsunglück ums Leben, als der niederländische Passagierdampfer „Simon Bolivar“ vor der Küste Englands in ein deutsches Minenfeld lief. Pate dieser Stolpersteine in der Hoffmannstraße 45 ist Hans-Joachim Wunderlich, Hauptgeschäftsführer der IHK Chemnitz.
 
Schüler und Lehrer des Georgius-Agricola-Gymnasiums engagieren sich schon zum zweiten Mal als Paten. Das Schicksal von Julius Sommerfeld (1878–1940), Inhaber einer Tuchgroßhandlung und Hausbesitzer, bleibt dank ihrer Patenschaft unvergessen. Er wurde 1939 in „Schutzhaft“ genommen und in das KZ Sachsenhausen deportiert. Am 16. März 1940 wurde er dort ermordet.
 
Familienangehörige aus London übernahmen die Patenschaft für die Stolpersteine zu Ehren der Familie Nachmann. Sigismund Nachmann (1907–1942), seine Ehefrau Bajla Ides Nachmann (1908–1942) und die Kinder Ingrid Nachmann (1931–1942), Joachim Nachmann (1934–1942) und Manfred Gerhard Nachmann (1934–1942) wurden bei der „Polenaktion“ Ende Oktober 1938 nach Polen ausgewiesen und 1942 dort ermordet.
David und Juliette Mendelovits aus Australien ehren mit der Patenschaft über den Gedenkstein an der Reichsstraße 15 ihren Großvater Bruno Heidenheim (1885–1940). Dieser erkrankte auf Grund schwerer körperlicher Zwangsarbeit tödlich und verstarb am 24.12.1940. Seine Ehefrau und seine Tochter überlebten und emigrierten nach Kriegsende nach Australien.
 
Die Verlegung weiterer Stolpersteine erfolgte in Gedenken an:
Dr. Ernst Cohn (1901–1944), Moritz Mecklenburg (1880–1945), Georg Landgraf (1885–1933), Ernst Enge (1893– 944), Karla Jäcker (1928–1941) - detaillierte Informationen entnehmen Sie hierzu bitte der Pressemitteilung 605 vom 18.09.2013 (www.chemnitz.de).
Informationen im Netz: Alle Informationen zum Thema Stolpersteine in Chemnitz stehen auf den Seiten der Stadt unter www.chemnitz.de/stolpersteine
 
Informationen zum Projekt:
Der Kölner Bildhauer Gunter Demnig initiierte das Projekt der “Stolpersteine” im Jahr 1993.
Geehrt werden damit Bürgerinnen und Bürger, die während des nationalsozialistischen Regimes vertrieben, deportiert, ermordet oder in den Selbstmord getrieben wurden.
Die Stolpersteine werden in den Bürgersteig am letzen Wohn- oder Wirkungsort der Opfer eingelassen, kleine Messingtafeln auf den Steinen geben Auskunft über die wichtigsten Lebensdaten der Menschen. Inzwischen gibt es bereits über 40.000 Stolpersteine in Deutschland und weiteren 15 europäischen Ländern.
 
In Chemnitz wurden die ersten Stolpersteinen am 6. Juli 2007 verlegt. Seitdem kommen jedes Jahr weitere Gedenksteine hinzu. Die Anregung dazu gab der Verein der Verfolgten des Naziregimes / Bund der Antifaschisten, Stadtverband Chemnitz, der hierfür Unterstützung bei der Stadtverwaltung und im Stadtrat fand. Als Träger des Projektes ist der Verein verantwortlich für die inhaltliche Arbeit, Ansprechpartner für Vorschläge der zu ehrenden Personen und betreut die Paten. Die Stadt Chemnitz unterstützt mit einer Projektgruppe die organisatorische Vorbereitung und Durchführung der Stolpersteinverlegung.

Informationen

Herausgeber:
Pressestelle
Stadt Chemnitz

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