18.09.2013
Pressemitteilung 605

Projekt gegen das Vergessen: 18 weitere Stolpersteine werden in Chemnitz verlegt


Termin: Mittwoch, 25. September, 9 Uhr - Informationen im Internet
unter www.chemnitz.de/stolpersteine

Es ist ein Projekt gegen das Vergessen: „Stolpersteine“ lassen in Chemnitz bereits an 63 Orten Menschen innehalten: Eingelassen in den Bürgersteig, erinnern die Gedenksteine an tragische Schicksale von Mitbürgern, die während des nationalsozialistischen Regimes verfolgt, deportiert, ermordet oder in den Tod getrieben wurden. 10 mal 10 cm kleine Messingtafeln auf den Steinen geben Auskunft über Namen und die wichtigsten Lebensdaten dieser Menschen und markieren ihre letzten Wohn- oder Wirkungsstätten. 

Am 25. September um 9 Uhr beginnt die Verlegung 18 weiterer Stolpersteine an elf Orten in Chemnitz. Der Kölner Künstler und Initiator des Projektes Gunter Demnig wird dabei vom Chemnitzer Kulturbürgermeister Philipp Rochold und von Bürgern begleitet, die mit der Patenschaft über die Steine deren Finanzierung und Verlegung möglich gemacht haben.
Nicht jeder Pate kann allerdings persönlich vor Ort dabei sein. So zum Beispiel David und Juliette Mendelovits aus Australien, die für den Gedenkstein zu Ehren ihres Großvaters Bruno Heidenheim die Patenschaft übernommen haben. Der Kaufmann Bruno Heidenheim (geb. 1885) wurde im Herbst 1940 zur Zwangsarbeit verpflichtet, was seine schwere Erkrankung und schließlich seinen Tod am 24.12.1940 zur Folge hatte. Zur Verlegung des Steins reist der 81-jährige Neffe Bruno Heidenheims, Till Heidenheim, aus Lübeck an.
Medienvertreter sind herzlich eingeladen, bei der Verlegung dabei zu sein.
 
Hinweis: Im Anschluss an die Verlegung in Chemnitz wird Gunter Demnig den ersten Stolperstein in Burgstädt einweihen. Die Verlegung eines weiteren Steins ist in Chemnitz am 8. November vor dem Haus TIETZ geplant.
  
Ablauf der Verlegung der Stolpersteine in Chemnitz am Mittwoch, 25. September:
Start: 9 Uhr an der Henriettenstraße 50
Hier hatte die Familie Kupferberg ihren letzten Wohnsitz. Heinrich Kupferberg (geb. 1882), Ehefrau Frieda Kupferberg (geb. 1882 als Frieda Stein) und Tochter Ilse-Lotte Kupferberg (geb. 1926) wurden am 10. Mai 1942 in das Ghetto Belzyce bei Lublin deportiert. Bei der Räumung des Ghettos durch die SS im Oktober 1942 wurden etwa 5300 Menschen ermordet, unter ihnen auch die Familie Kupferberg.
Paten: Schüler und Lehrer des Dr.-Wilhelm-André-Gymnasiums Chemnitz
 
9:30 Uhr – Henriettenstraße 35
Ilse-Lotte Kupferberg besuchte hier die Schule.
Pate: Andreas Liese
 
9:50 Uhr – Hoffmannstraße 45
Leopold Steinhardt (geb. 1883), Besitzer einer Trikotagenfabrik in Chemnitz, und sein Sohn Hans Adolf Steinhardt (geb. 1923) kamen am 18. November 1939 bei dem Schiffsunglück ums Leben, als der niederländische Passagierdampfer „Simon Bolivar“ vor der Küste Englands in ein deutsches Minenfeld lief. Ehefrau Erna Steinhardt und Tochter Lily Mirjam überlebten die Katastrophe.
Pate: Hans-Joachim Wunderlich
 
10:15 Uhr – Uhlichstraße 20
Dr. Ernst Cohn (geb. 1901), Zahnarzt, hatte seit Januar 1932 eine Assistentenstelle an der Zahnklinik der Allgemeinen Ortskrankenkasse in Chemnitz. Im März 1933 wurde er entlassen und wanderte nach Palästina aus. Er kehrte später nach Europa zurück und nahm am Bürgerkrieg in Spanien teil. Er war Chef des Sanitätsdienstes der Brigaden in Murcia. Später lebte er in Kolumbien, wo er 1944 freiwillig aus dem Leben schied.
Pate: Enrico Hilbert
 
10:30 Uhr – Hübschmannstraße 22
Moritz Mecklenburg (geb. 1880), Kaufmann, stammte aus Lübeck. Er lebte seit 1907 in Chemnitz, wo er bis 1932 Mitinhaber der Firma E. Adler & Co., einer Metall- und Maschinengroßhandlung, war. Mit seiner Ehefrau Elise, geb. Adler, wanderte er 1939 nach Schanghai aus. Das dortige Leben war für die Neuankömmlinge nicht einfach, wovon im März 2013 Miriam Brookfield in den Kunstsammlungen berichtete. Moritz Mecklenburg starb am 17.03.1945 in Schanghai. Ein Großneffe aus Holland kündigte seine Teilnahme an der Verlegung des Stolpersteines an.  
Patin: Heidemarie Kugler-Weiemann, Lübeck
 
10:50 Uhr – Reichsstraße 15
Bruno Heidenheim (geb. 1885) wurde während der Reichspogromnacht 1938 in „Schutzhaft“ genommen und später zur Zwangsarbeit verurteilt. Auf Grund der körperlich schweren Arbeit unter unzumutbaren Bedingungen erkrankte er tödlich. Die nötige medizinische Versorgung wurde ihm verwehrt. Der Familienvater verstarb am 24.12.1940. Ehefrau und Tochter überlebten und emigrierten nach Kriegsende nach Australien. 
Paten: David und Juliette Mendelovits, Australien
 
11:10 Uhr – Hospitalstraße 7
Sigismund Nachmann (geb. 1907), seine Ehefrau Bajla Ides Nachmann (geb. 1908 als Bajla Ides Dressler), die Kinder Ingrid Nachmann (geb. 1931), Joachim Nachmann (geb. 1934) und Manfred Gerhard Nachmann (geb. 1934) wurden bei der „Polenaktion“ Ende Oktober 1938 nach Polen ausgewiesen. 1942 wurde die ganze Familie im besetzten Polen ermordet. Bereits im Vorjahr wurden Stolpersteine für zwei ermordete Mitglieder der Familie Nachmann in Chemnitz verlegt. Verwandte der Opfer übernahmen in diesem Jahr die Patenschaft.
Pate: Familie Unger, London
 
11:30 Uhr – Dresdner Straße 38
Georg Landgraf (geb. 1885), Verlagsleiter der sozialdemokratischen Chemnitzer Volksstimme, war als Stadtverordneter und Gewerkschafter aktiv politisch tätig. Nach dem Verbot der Volksstimme am 1. März 1933 versuchten SA-Männer am 9. März die Geschäftsräume und die Druckerei des Verlags zu besetzen. Georg Landgraf stellte sich dagegen und verwehrte ihnen den Zutritt, woraufhin er durch zwei Pistolenschüsse ermordet wurde.
Pate: SPD Unterbezirk Chemnitz
 
13:00 Uhr – Antonplatz 15 (heute Ecke Karl-Liebknecht-Straße/Käthe-Kollwitz-Straße)
Julius Sommerfeld (geb. 1878), aufstrebender Kaufmann, Inhaber einer Tuchgroßhandlung und Hausbesitzer, wurde 1939 in „Schutzhaft“ genommen und in das KZ Sachsenhausen deportiert. Am 16. März 1940 wurde er dort ermordet.
Paten: Schüler und Lehrer des Georgius-Agricola-Gymnasiums Chemnitz
 
13:20 Uhr – Hartmannstraße 24
Ernst Enge (geb. 1893) war antifaschistischer Widerstandskämpfer in Chemnitz. Seiner ersten Inhaftierung im Juni 1933 folgten zwei Jahre Haft im Zuchthaus Waldheim, 1939 eine weitere so genannte „vorbeugende“ Haft von sechs Wochen. Nach seiner Haftentlassung wurde er zur Zwangsarbeit in einem Chemnitzer Rüstungsbetrieb verpflichtet. Von dort aus organisierte er weiter den Widerstand, bis die Gestapo auf seine Spur kam und ihn am 26. September 1944 verhaftete. Er wurde nach schweren Folterungen durch die Gestapo im damaligen Polizeipräsidium am 17. Oktober 1944 in den Tod getrieben.
Pate: Dr. Stephan Pfalzer
 
13:45 – Blankenauer Straße 101
Karla Jäcker (geb. 1928) wurde Opfer der Kinder-„Euthanasie“-Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes. Sie war eines von etwa 500 ermordeten behinderten Kindern der Kinderfachabteilung Leipzig-Dösen und starb am 8. September 1941.
Patin: Irmgard Teschner
 
Informationen zum Projekt:
Der Kölner Künstler Gunter Demnig initiierte das Projekt der „Stolpersteine“ im Jahr 1993.  Inzwischen erinnern über 40.000 Steine in etwa 1.000 Orten in Deutschland, Österreich, Ungarn, Tschechien, Polen, Slowenien, Italien, Belgien, Norwegen, den Niederlanden, der Ukraine, der Slowakei und Luxemburg an die Opfer nationalsozialistischer Willkür. In Chemnitz regte der Verein der Verfolgten des Naziregimes / Bund der Antifaschisten, Stadtverband Chemnitz, die Verlegung von Stolpersteinen an und fand Unterstützung beim Stadtrat und der Stadtverwaltung. Die Kosten für die Herstellung und Verlegung eines Steins übernimmt ein Pate. Jeder Bürger hat die Möglichkeit, eine Patenschaft zu übernehmen. Ansprechpartner ist Enrico Hilbert vom VVN-BdA Chemnitz e.V., Rosenplatz 4, 09126 Chemnitz, Ruf 0371 538 2719.
 
Ansprechpartner für das Projekt bei der Stadtverwaltung Chemnitz ist Andreas Liese, Bürgermeisteramt, Ruf 0371 488-1523, E-Mail: andreas.liese@stadt-chemnitz.de.
 
Informationen im Netz: Alle Informationen zum Thema Stolpersteine in Chemnitz stehen auf den Seiten der Stadt unter www.chemnitz.de/stolpersteine 

Informationen

Herausgeber:
Pressestelle
Stadt Chemnitz

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