Für Chemnitz punkten

Malte Ziegenhagen

Macher der Woche vom 6. März 2020

Er gehört zu den absoluten Publikumslieblingen der NINERS – Basketballer Malte Ziegenhagen. Doch nicht nur auf, sondern auch abseits des Parketts kämpft der gebürtige Berliner in höchstem Maße für seine Wahlheimat Chemnitz. Er engagiert sich für soziale Projekte, pusht die Chemnitzer Kulturhauptstadt-Bewerbung und leitet Basketballcamps für Kinder.


Das erste Wintercamp ist gerade zu Ende gegangen. Wie fällt dein Fazit aus?
Malte Ziegenhagen:
Ich bin absolut zufrieden und immer noch überwältigt, dass sich so viele Kinder angemeldet haben. Mein Ziel waren 60 Kinder – darauf hatte ich gehofft. Dass es am Ende tatsächlich 60 Kids waren, hätte ich trotzdem nicht erwartet. Man merkt, dass sich Chemnitz immer mehr mit Basketball auseinandersetzt und identifiziert. Basketball ist bei den Kindern angekommen. Dementsprechend finde ich das total klasse, dass so viele Kinder begeistert bei der RAISE UP ACADEMY teilnehmen.

Bist du der Meinung, dass Basketball der Sportart Fußball Konkurrenz macht?
Es ist immer etwas Gutes, wenn die Kinder viel Auswahl haben. Da herrscht kein Konkurrenzdenken, sondern es ist ein anderes Angebot. Ich glaube, dass die Kinder bei uns Werte vermittelt bekommen, genau wie im Fußball auch. Dagegen will ich überhaupt nicht konkurrieren. Die Winterferien sind für Camps oder für Trainingsmöglichkeiten da. Und die bieten wir den Kindern. Das soll in Zukunft auch so bleiben.

2017 gründete Malte Ziegenhagen die RAISE UP ACADEMY, was so viel bedeutet wie aufziehen bzw. gemeinsam wachsen. „In meiner letzten Collegestation in Florida bin ich mit den Camps das erste Mal in Kontakt gekommen“, erzählt er, was ihn dazu bewogen hat. „Ich fand es total klasse mit den Kindern zu interagieren.“ 2018 gab es ein solches Camp in Chemnitz noch nicht. So hat der Profibasketballer im Sommer mit nahezu 35 Kindern im Alter von 7 bis 14 Jahren sein erstes Camp veranstaltet. „Das war total spannend und neu. Es ist jedes Jahr eine Herausforderung für mich. 2019 hatten wir bereits 60 Kinder. Ich war total überwältigt.“ Doch nicht nur die sportliche Herausforderung steht bei der RAISE UP ACADEMY im Vordergrund. Im vergangenen Jahr haben die Kids den Permakultur-Garten auf dem Sonnenberg besucht. Dieser wird auch als Lehrgarten für Kinder genutzt. Hier haben sie sich um die Beete gekümmert und bunte Pfähle für den Garten gestaltet. In der diesjährigen Akademie stand ein Besuch im Alternativen Jugendzentrum (AJZ) auf dem Plan.

Warum legst du viel Wert auf außersportliche Aktivitäten während deines Camps?
Für mich ist es wichtig, dass man sich an der Gesellschaft beteiligt. Das bedeutet, ein kleiner Teil davon zu sein. Das AJZ bietet so viel und mir war es wichtig, dass die Kids die Angebote sehen. Hier werden Werte vermittelt, die mir wichtig sind. Hier sind die Kinder aus ihrer Komfortzone herausgekommen, wurden bei Aktivitäten, wie Klettern oder Skateboarden gefordert und mussten ihre Angst überwinden. Sowas kitzle ich gerne raus.

Wie wurde das Angebot im AJZ angenommen?
Es war sehr spannend zu beobachten, wie sie reagiert haben. Viele standen beispielsweise noch nie auf einem Skateboard. Am Ende gab es eine kleine Feedbackrunde, in der sie die Aktivitäten bewerten konnten. Die Reaktionen waren durchweg positiv.

Du möchtest das größte Jugendcamp Deutschlands entwickeln. „Kleine Brötchen backen“ ist nicht so deins? Woher kommt der Ehrgeiz?
Ich fand, dass 2018 kein gutes Jahr für Chemnitz war: Mit den Bildern im Sommer, die von der Stadt um die Welt gingen. Deshalb war mir wichtig, dass die Kinder eine Marke bekommen, mit der sie sich identifizieren können. Ich lebe schon eine Weile hier und gefühlt hinkt Chemnitz den beiden anderen Großstädten Leipzig und Dresden irgendwie hinterher. Und man kann trotzdem stolz darauf sein, aus dieser Stadt zu kommen. Deshalb will ich hier etwas aufbauen, auf das die Kinder stolz sind, weil sie aus Chemnitz kommen und Teil der RAISE UP ACADEMY sind.

Die Mannschaft der NINERS hat sich in den vergangenen Jahren zu einem Identifikator entwickelt. Und das möchte ich mit der Akademie ebenfalls erreichen. Mein nächstes Ziel ist eine sachsenweite Organisation der Camps. Da sind bereits einige Gespräche mit möglichen Kooperationspartnern gelaufen. Sie sollen sich weiter etablieren. In Chemnitz sind sie bereits zur Marke geworden.

In der Sommerakademie 2019 seid ihr im Permakultur-Garten auf dem Sonnenberg gewesen. Du hast gesagt, dass du diesen Stadtteil den Kids näherbringen willst. Warum gerade den Sonnenberg?
Das erinnert mich an meine Heimat. Ich bin in Tempelhof groß geworden. Mit Neukölln und Kreuzberg um die Ecke erinnert mich das an den Sonnenberg. Er ist vielfältig und ich mag das. Die Leute sind ehrlich und ich fühle mich hier wohl. Deshalb wünsche ich mir, dass sich die Kulturprojekte auf und für den Sonnenberg weiter etablieren.

Durch den Basketball ist Malte Ziegenhagen schon viel herumgekommen. Mit 16 Jahren hat er für zwölf Monate in Argentinien gespielt und von 2011 bis 2015 in den USA gelebt. Bevor er im Sommer 2016 in Chemnitz anheuerte, schnupperte er bereits ein Jahr Erstliga-Luft in Bayreuth. In vier Jahren bei den NINERS, in denen er kein Pflichtspiel verpasst hat, avancierte er nicht nur zum Publikumsliebling, sondern ist drauf und dran, sich in die Geschichtsbücher des Chemnitzer Basketballs zu schreiben. Mit 1.738 Punkten belegt er den zweiten Platz der vereinsinternen Bestenliste, knapp hinter Jaivon Harris (1.764) und vor Teamkamerad Virgil Matthews (1.677). Mit 133 Pflichtspielen für die NINERS hat er die viertmeisten Einsätze im Chemnitzer Trikot hinter Virgil Matthews (166), Jonas Richter (162) und Andreas Worenz (134). In beiden Listen könnte er sich noch einen Platz nach vorne schieben. Außerdem kann Ziegenhagen Teil des größten Erfolgs in der über 20-jährigen Vereinsgeschichte werden. Der Aufstieg in die Bundesliga ist zum Greifen nah.

Wirst du nervös, wenn du an die restliche Saison denkst?
Ich muss ehrlich sagen, dass das schwierig ist, einzuschätzen. Die Playoffs haben ihre eigenen Gesetze. Aber ich habe ein sehr gutes Gefühl bei dem Team. Jeder weiß, worum es geht und wir haben Spieler in unserem Kader, die schon aufgestiegen sind. Diese Erfahrung haben wir einfach nötig. Das hat uns im vergangenen Jahr gefehlt. Wenn wir verletzungsfrei bleiben, wird es schwer, uns zu stoppen.

Hättest du dir 2016, bei deinem Antritt, vorstellen können, dass du vier Jahre später immer noch hier bist?
(wie aus der Pistole geschossen) Nein.

Für einen Basketballer ist es auch eine sehr lange Zeit?
Absolut. Eigentlich war das Ziel, ein, maximal zwei Jahre zu bleiben und dann weiterzuziehen. Aber es gibt viele Gründe, die mich einfach wieder hierher gezogen haben. Es passt alles zusammen und ich fühle mich hier sehr wohl.

Das merkt man auch an deinem Engagement für die Stadt, das über den Basketball hinausgeht. Woher kommt diese Leidenschaft für eine Stadt, die nicht deine Heimat ist?
Eine gute Frage, die mir so noch nicht gestellt wurde. Als mich die Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig gefragt hat, ob ich bei der Präsentation der Kulturhauptstadt-Bewerbung dabei sein möchte, war das eine große Ehre. 2018 war so eine schlechte Stimmung in der Stadt und so war ich das überhaupt nicht gewohnt. Ich bin seit 2016 hier und für mich war Chemnitz immer eine sehr ruhige Arbeiterstadt. Dann sieht man diese Berichterstattung in den Medien. Meine Mitspieler bekamen auf einmal Angst, dass sie auf der Straße zusammengeschlagen werden, nur wegen ihrer Hautfarbe. Da ist in mir drin auch etwas passiert, weil ich diesem Rechtsextremismus vorher noch nie so ausgesetzt war. Deshalb habe ich mich positioniert, weil ich will, dass die Stadt weiterkommt. Wir haben so viel mit den NINERS aufgebaut und ich bin ich ein Teil davon. Ich will nicht, dass diese Arbeit umsonst war, sondern sie soll weiterwachsen. Das habe ich schon als Bedrohung gesehen, auch weil Chemnitz für mich eine Art Heimat geworden ist. Ich will keine Heimat haben, die in so einem schlechten Licht dargestellt wird. Deshalb habe ich mich dementsprechend engagiert.

Malte Ziegenhagen war Mitte Dezember Teil des zehnköpfigen Teams, das in Berlin die Bewerbung von Chemnitz zur Kulturhauptstadt Europas 2025 vor der Jury präsentierte. Mit dem Kapitän der NINERS, kam der breite Kulturbegriff ins Spiel, Teamgeist, Fairplay, Fankultur, Internationalität.

Du spielst Woche für Woche vor mehreren tausend Menschen Basketball. Warst du vor der Präsentation aufgeregt?
Ich war sehr nervös. Ich wollte meinen Teil, der drei Minuten dauerte, gut machen und nicht scheitern. Es war eine wirklich krasse Situation. Ich spiele, wie schon gesagt, vor 5.000 Menschen und dann kommt man zur Präsentation in einen Raum vor 15 Leuten, die einen bewerten und sagen, ja oder nein. Das war eine wirklich große Verantwortung für die Stadt. Ich habe so geschwitzt.

Und nach der Präsentation ging es sofort weiter zum Auswärtsspiel.
Direkt nach Quakenbrück (lacht). Meine Leistung war unterirdisch und ich habe nur drei Punkte gemacht. Aber wir haben gewonnen, das war die Hauptsache.

Bist du optimistisch, was unsere Chance für die Kulturhauptstadt betrifft?
Ich wünsche es mir. Das ist einfach eine klasse Sache, die die Stadt braucht. Und warum sollten wir das nicht schaffen? Die Konkurrenz besonders aus Magdeburg ist groß. Aber in Chemnitz wird gute Arbeit geleistet.

Weil wir gerade im Zeitraum von vor vier Jahren waren. Wo siehst du dich 2024?
(Lacht) Im Sportbusiness weiß man nie, was in einer für einen Sportler langen Zeit passiert. Aber ich wünschte mir in vier Jahren immer noch in Chemnitz zu sein. Und in dem Prozess, der gerade so vorangeht und wächst, ein Teil zu bleiben.

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