„Wir müssen reden.“

Stefan Tschök

Macher der Woche vom 24. August 2018

Seit einiger Zeit steht das Motto für die Kulturhauptstadtbewerbung fest: AUFbrüche. Opening Minds. Creating Spaces. Nun gilt es, eben diese Unvoreingenommenheit, Kreativität und Bereitschaft zur Gestaltung in die Bewerbung und die Gesellschaft aufzunehmen und auszuleben. Mit dabei ist Stefan Tschök. Als einer von fünf Kulturbotschaftern trägt er die Idee und das Motto der Bewerbung in die Welt hinaus. Wie er die Idee der Kulturhauptstadt verankern will und wer Chemnitz‘ größter Konkurrent im Kampf um den Titel ist, verrät er im Macher-der-Woche-Interview.


Wie sind Sie auf den Posten des Botschafters aufmerksam geworden?
Stefan Tschök:
Ich habe von dem Prozess der Bewerbung zur Europäischen Kulturhauptstadt zum ersten Mal im Sommer 2016 gehört. Da gab es eine erste Idee. Ich habe festgestellt, dass ich mich erst einmal damit auseinander setzen musste, weil ich auch zu Anfang dachte, es geht eher um eine Kunsthauptstadt. Dann habe ich den Prozess intensiver verfolgt und festgestellt, dass der Stadtratsbeschluss erweitert wurde und nun fünf weitere Bürger als Kulturbotschafter in den Prozess mit aufgenommen werden.

Warum haben Sie sich dafür beworben?
Da ich außerordentlich an Kunst, Kultur und Literatur interessiert bin, mich in der kulturellen Szene auch auskenne und meine, dass ich auch gut vernetzt bin, dachte ich, das wär eine Chance sich zu bewerben. Es gab wohl um die 60 Bewerbungen und da habe ich mich sehr gefreut, dass ich genommen wurde. Es ist eine tolle Herausforderung und eine gute Möglichkeit mitzugestalten.

Inwieweit deckte sich Ihre Vorstellung eines Kulturbotschafters mit den tatsächlichen Aufgaben?
Ich kannte die Gremien wie Lenkungsausschuss, Programmrat und das Kulturhauptstadtbüro und habe mir ungefähr vorstellen können, wie sich die Arbeit gestaltet. Ich habe aber nicht erwartet, dass die Aufgaben dann doch so vielfältig und vielschichtig sind. Wir arbeiten im Programmrat sehr intensiv, weil dort viele selbst kreativ sind und sich mit ihren engagierten Ideen einbringen wollen. Das führt auch zu kontroversen Debatten, aber nicht im Sinne von einer Abneigung der Kulturhauptstadt gegenüber, sondern einer belebten und anregenden Debattenkultur.
Das sind unheimlich viele und intensive Sitzungen. Wenn man sich engagieren will, muss man natürlich auch Zeit einplanen und das ernst nehmen. Ich habe die gesamte Tragweite der Rolle als Kulturbotschafter vielleicht geringfügig unterschätzt, bereue aber nichts.

Wie tragen Sie zur Kulturhauptstadtbewerbung bei?
Die Kulturbotschafter sollten mit ihren Möglichkeiten und Fähigkeiten in der Stadtgesellschaft wirksam werden. Ich nutze diese Möglichkeiten immer gerne. Wenn ich angesprochen werde, gehe ich zu den Leuten: in Stadtteilrunden, auf Parteiveranstaltungen, zu Ortschaftsräten, im Förderkreis. Das ist meine Aufgabe als Kulturbotschafter: Vermittler! Ich nutze meine Netzwerke, um das Thema Kulturhauptstadtbewerbung populär zu machen.

Die Kulturbotschafter wurden aus verschiedenen Themengebieten ausgewählt. Welchen Bereich bedienen Sie?
Weniger die soziokulturelle Szene oder den Sport, sondern eher den kommunalen Bereich, zum Beispiel Ortschaftsräte oder Stadtteilmanagements. Das ist eher so mein Beritt. Und natürlich rede ich viel mit den Menschen und Bürgern der Stadt und erkläre die Idee.

Und wo fangen Sie da an? Beim Ursprung oder haben die Leute schon mal etwas von dem Konzept Kulturhauptstadt gehört?
Viele Leute denken immer, so wie es mir am Anfang auch ging, an Kunsthauptstadt. Und sagen dann immer: Wie sollen wir uns dann gegen Dresden behaupten? Das höre ich ganz häufig, aber wenn man es dann erklärt, geht es ganz schnell, dass derjenige versteht, worum es eigentlich geht.
Ich habe das Gefühl, dass die übergroße Mehrzahl der Chemnitzer schon mal davon gehört hat. Wie tief, das lässt sich ganz schwer messen und das merkt man dann im direkten Gespräch. Es ist aber noch ganz viel Überzeugungsarbeit notwendig. Deswegen finde ich die Aktion gut, die Vereine mit einzubeziehen. Vereine sind unheimlich gute Multiplikatoren. Sie können durch ihre Vereinstätigkeit eine große Unterstützung bei der Bewerbung zur Europäischen Kulturhauptstadt sein. 

Was denken Sie, was die Chemnitzerinnen und Chemnitzer wirklich von der Bewerbung halten?
Wie der Chemnitzer nun mal so ist, ist er erst einmal skeptisch. Ich bilde mir aber ein, dass diese Skepsis durch gute und nachhaltige Informationen aufgebrochen werden kann. Ich habe in vielen Gesprächen erst ganz wenige Fälle gehabt, in denen jemand gesagt hat, ich möchte nicht, dass Chemnitz sich bewirbt. Die Leute nehmen es wahr und tragen es auch mit, wenn wir den Prozess auch verstetigen. Es kann nämlich schwierig werden, wenn die Leute lange nichts mehr davon hören.
Dann beginnen die Zweifel an der Sache. Aber man darf nicht vergessen, dass es bei Informationen eine Bring- UND Holpflicht gibt. Man muss auch versuchen, sich dem Prozess zu öffnen! Ansonsten hat man immer das Gefühl, nichts davon gehört zu haben.
Ich habe auch kein Problem damit, wenn Leute sagen, sie stehen der ganzen Sache noch skeptisch gegenüber, weil sie den Nutzen und den Effekt noch nicht abschätzen können. Aber das ist mir lieber, als wenn jemand ganz zu macht. Wir brauchen einen ständigen Dialog.

Was hat die Stadt davon, wenn sie Kulturhauptstadt werden sollte?
Das ist die spannendste Frage an der ganzen Sache. Ich sehe zwei wichtige Punkte, die einen Nutzen für die Stadt aus der Bewerbung entwickeln können. Erstens: Wenn es gelingt, bereits im Bewerbungsprozess die gesamte Stadtentwicklung unter ein Motto zu stellen: Interventionsflächen für Kunst im öffentlichen Raum, bürgerliches Engagement, Einbeziehung von unterschiedlichen Vereinen. Ein gutes Beispiel sind die Mikroprojekte. Die Bewerbungen werden immer mehr und es ist ein gutes Zeichen dafür, dass die Leute interessiert sind und dass sie es wollen. Allein der Bewerbungsprozess könnte unserer Stadt nützen.
Und zweitens: Wenn Chemnitz den Titel zugesprochen bekommt und es ein tolles Kulturhauptstadtjahr mit nachhaltigen weiter wirkenden Projekten wird, tut das unserem Image sehr gut. Raus aus dem graue Maus Image! Wir müssen das kollektive Selbstbewusstsein stärken. Den Nutzen kann man nicht in Euro und Cent ausdrücken, aber den Nutzen, das Selbstbewusstsein der Chemnitzer zu stärken, halte ich für unheimlich groß.

Wie sehen Sie Chemnitz‘ Chancen auf den Titel?
Wir haben sehr gute Chancen, aber ich glaube, wir haben auch Konkurrenz, vor allem aus Magdeburg, die es uns schwer machen könnte. Magdeburg ist in einer ähnlichen strukturellen Situation wie Chemnitz und das könnte darauf hinauslaufen, dass es dort ein Kopf-an-Kopf-Rennen gibt.

Womit würde Chemnitz aber dieses Kopf-an-Kopf-Rennen dennoch gewinnen?
Unsere Stadt hat dem Motto entsprechend »AUFbrüche«, besonders durch die Umbenennung in Karl-Marx Stadt und Rückumbenennung, noch mehr Brüche als Magdeburg erlebt und musste noch mehr aus den Brüchen wieder etwas wachsen lassen. Wenn man das Motto »AUFbrüche« lebt, dann könnte es der kleine entscheidende Tick werden, der uns Europäische Kulturhauptstadt 2025 werden lässt.

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