Vom Absperrtau zum Freizeitsport

Robby Speck

Macher der Woche vom 11. August 2017

Slackline, zu Deutsch „lockere Leine“, ist ein schmales Band, circa zweieinhalb bis fünf Zentimeter breit, zum Balancieren. Das fünf bis acht Meter lange Sportgerät wird in Kniehöhe zwischen zwei Befestigungspunkten, beispielsweise Bäume gespannt. Für den Anfänger besteht die Herausforderung darin, sich möglichst lange auf dem Band zuhalten, eventuell ein paar Schritte zu wagen. Die Profis hingegen versuchen mit Tricks und Sprüngen das Band zu bezwingen. Robby Speck, 36 Jahre alt, hat ebenfalls Begeisterung an diesem Sport gefunden und will das Slacken den Chemnitzerinnen und Chemnitzern näher bringen. Deshalb organsiert er gemeinsam mit anderen das Chemnitzer Slackfest, das vom 18. bis zum 20. August im Küchwald rund um das Kosmonautenzentrum „Sigmund Jähn“ stattfindet.


Wie bist du auf die Idee gekommen, das Slackfest in Chemnitz zu organisieren?
Robby Speck:
Es war ursprünglich die Idee von ein paar Slackern aus Dresden, Freiberg und Chemnitz, die das hobbymäßig gemacht haben. Sie wollten sich zusammentun, um das Slacken anderen Menschen zu zeigen. Ich bin zum zweiten Slackfest in den Kreis dazu gestoßen und dann in die Organisation hineingewachsen. Zusammen mit drei Kollegen, der solaris FZU gGmbh Sachsen und dem Walden e.V. stellen wir jetzt bereits das 11. Slackfest in Chemnitz auf die Beine.

Wer kann beim Slackfest mitmachen?
Es ist ein Fest für Jedermann. Jeder kann sich im Slacken ausprobieren, sich an kurzen Distanzen versuchen oder Workshops besuchen. Es sind aber auch internationale Profis am Start, die in verschiedenen Wettkampfkategorien gegeneinander antreten: Einzelgeschwindigkeit, Tricks, Hochsprung und Teamgeschwindigkeit.

Slackst du selber auch?
Ja, dadurch, dass ich klettere, habe ich es als Balancetraining genutzt. Dann habe ich immer mehr Spaß daran gefunden und versucht, die Slackline immer länger zu spannen, auch mal den einen oder anderen Trick auszuprobieren. So wurde es mein Hobby. Mir gefällt daran so sehr, dass man die Konzentration auf den Punkt bringt. Mit guter Musik auf den Ohren, versuche ich gerne lange Lines, also Wege auf der Slackline, zu laufen.

Welche Voraussetzungen braucht man, um das Slacken zu erlernen?
Einfach ausprobieren! Es dauert bei jedem unterschiedlich lang, bis man das erste Mal gut auf der Slackline stehen kann, bei dem einen eine halbe Stunde, bei dem anderen ein bisschen mehr. Der Körper gewöhnt sich relativ schnell an das neue Balancegefühl, man versucht dann sogar schon relativ schnell die ersten Schritte auf dem Band.

Das Slacken ist eine relativ junge Sportart. Kletterer im Yosemite-Nationalpark, Kalifornien, vertrieben sich an regenreichen Tagen, die keine Besteigung der Berge zuließ, die Zeit mit Balanceübungen auf Absperrketten und Sicherungsgurten. Durch immer ausgefeiltere Tricks, Techniken und Materialien hat sich das Slacken dann zu einer eigenständigen Sportart entwickelt. Das Slacken wurde somit erstmalig Anfang der 80er Jahren in den USA ausgeübt, und verbreitete sich in den letzten zehn Jahren in deutschen Großstädten. Doch wie kam der Sport nach Chemnitz? „Alles lief über Mundpropaganda! Beim ersten Slackfest waren circa 20 Slackfans da, mittlerweile zählen wir 1200“, erzählt Robby Speck stolz, der persönlich das Meditative am Slacken schätzt.

Ist das Slacken eine Trendsportart oder ein etablierter Sport für Jedermann?
Vor vier, fünf Jahren ist es schon so zum Trend geworden. Die ersten Slacklinehersteller haben den Trend aufgegriffen und die erste Massenware produziert. Zuvor waren die Slacklines einfache Spanngurte, die aus dem Ladungssicherungsbereich von LKWs bekannt waren. Dann haben die Spanngurthersteller eben auch Slacklines hergestellt, da sowohl das Material als auch das Spannsystem das gleiche ist. Heutzutage gibt es diese Sets auch für wenig Geld im Discounter. Es ist ein Sport für Jedermann geworden. Ein Slacklineset, zwei Bäume: mehr braucht man nicht.

Wo sind die besten Slacklinespots in Chemnitz?
Auf jeden Fall im Küchwald. Hier gibt es viele Bäume, sodass man viele Lines in unterschiedlicher Länge spannen kann. Es geht natürlich jeder Park, in dem Bäume stehen, davon hat Chemnitz sehr viele. Das ist mir auch erst mit dem Slacken bewusst geworden, wie grün die Stadt doch ist. Beispielsweise in Freiburg darf nicht in öffentlichen Parks geslackt werden. Chemnitz präsentiert sich da offener. Lediglich ein Baumschutz muss angebracht werden, dann kann jeder los balancieren.

Du leitest auch noch den Hochseilgarten Chemnitz, der von der Augustusburger Straße ins Kosmonautenzentrum umgezogen ist. Gibt es Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den zwei Sportarten?
Der Hochseilgarten hat mehr einen pädagogischen Hintergrund und ist weniger eine eigene Sportart. Besonders für Schulkassen ist er geeignet, um soziale Kompetenzen und Kommunikationsfähigkeit zu stärken. Beim Klettern im Hochseilgarten überwiegt die subjektive Höhenangst und dadurch zeigt jeder sein wahres Gesicht. Vertrauen in die Mitschüler, die einen sichern und in einen selbst werden geschult. Das Slacken ist mehr als Freizeitsport angelegt, aber auch hier spielen Selbstvertrauen und Empathie eine wichtige Rolle.

Du hast Sportwissenschaften studiert. Betrachtest du den Sport auch aus einer wissenschaftlichen Perspektive?
Über mein Studium habe ich den Einstieg gefunden. Zuerst hatte ich einen Nebenjob im Hochseilgarten als Trainer. Dann habe ich Weiterbildungen gemacht und bin zum Projektleiter aufgestiegen. Ich habe dann angefangen darüber nachzudenken, wie die sportliche Ebene an Kinder herangetragen werden kann. Sie haben ein anderes Zeitempfinden und eine Stunde Sport ohne Erfolgserlebnisse nehmen Kinder anders wahr. Mit Hilfe von Spielen, methodischen Reihen und Workshops habe ich versucht, vor allem Jugendliche anzusprechen. Das Slacklinen bietet sich da super an, denn es gilt als cool unter den jungen Leuten und das macht es leichter, damit auf sie zuzugehen.

Sind die Chemnitzer/Chemnitzerinnen offen für solche Sportarten?
Als die Sportart neu aufkam und ich mit meiner Slackline im Park unterwegs war, kamen immer Leute jeden Alters auf mich zu und erkundigen sich neugierig, was das ist und ob sie es auch mal ausprobieren können. Jedes Jahr kamen mehr Interessierte zum Slackfest. Vom Kleinkind bis zum Opi stand bei uns schon jeder Mal auf der Slackline.

Gibt es einen Slackline-Verein in Chemnitz?
Das Slacken ist eher ein Freizeitsport. In Chemnitz gibt es keinen Verein, wir sind eher ein loser Verbund. Deutschlandweit gibt es schon Vereine, aber die sind hauptsächlich für die Organisation der Profis zuständig.

Chemnitz bewirbt sich als Kulturhauptstadt 2025. Wo siehst du Chemnitz und dich bzw. den Sport in Chemnitz in acht Jahren?
Ich wünsche mir, dass es das Slackfest auch dann noch gibt, weil es ein wichtiger Bestandteil der Jugendkultur ist. Wir binden auch jedes Jahr Jugendliche in die Organisation und Durchführung des Slackfests mit ein. Chemnitz hat eine sehr durchmischte Jugendkultur. Vom Jugendlichen aus gut bürgerlichem Haus bis hin zum Alternativen macht jeder bei uns mit. Beim Slacken können alle zusammen kommen, es ist kein teurer Sport. Man braucht nicht viel dafür und die Szene ist sehr offen. Die Menschen kommen über das Slacken gut in Kontakt. Vor allem vor dem Hintergrund der Migrationsbewegungen trägt das gemeinsame Slacken zur Integration bei. Wir haben zum Beispiel Slacklineworkshops für geflüchtete Menschen organisiert, um ihnen Abwechslung zu bieten. Das Slacken regt dazu an, mal raus zu gehen, sich sportlich zu betätigen, schöne Ecken von Chemnitz zu entdecken und die Parks zu beleben. So stelle ich mir Chemnitz auch 2025 vor.

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