Von der Studenten-WG ins internationale Business

Markus Eidam

Macher der Woche vom 21. Januar 2015

Der Chemnitzer Kaßberg, ein Gründerzeitviertel mit Charme und Charakter, ist nicht nur beliebtes Wohnquartier, sondern er eignet sich auch gut zum Arbeiten. Das kann auch Markus Eidam bestätigen, der von hieraus mit seiner Firma „Eidam & Partner. Die Auslands-Experten.“ weltweit Kontakte knüpft.  An Firmen, die sich aufs internationale Parkett wagen, vermittelt der 33-Jährige mit seinem Team interkulturelle Seminare. Mittlerweile gehört er zu den größten Anbietern in dieser Branche. Ein internationales Unternehmen vermutet man im Erdgeschoss des Wohnhauses in der Barbarossastraße wohl nicht. Es hat eher etwas von Hinterhof-Charakter, als Markus Eidam, locker und freundlich grinsend, die Tür öffnet und durch den verwinkelten Flur bis in sein quietschgrünes Chefzimmer läuft.


2004 hast du das Unternehmen Eidam & Partner gegründet. Was genau macht ihr?
Markus Eidam:
Wir bieten für Firmen interkulturelle Trainings an. Das heißt, wir vermitteln Wissen über die Kultur und die Geschäftsgepflogenheiten zum Beispiel für Verhandlungen, bei Mitarbeiterführung oder Projektarbeit in anderen Ländern. Dazu haben wir uns einen Pool von 140 freiberuflichen Experten aufgebaut. Größtenteils sitzen diese in Deutschland, aber auch einige weltweit: in den USA, in Indien, in China. Zumindest haben die Experten in dem jeweiligen Land gearbeitet und kennen dort die Arbeitswelt. Nur so können sie glaubhaft Seminare anbieten. Unsere Kunden sind Unternehmen, die einen Auslandsaufenthalt ihrer Mitarbeiter planen oder die Angestellte in Deutschland haben, welche grenzüberschreitend mit Kunden, Lieferanten oder Partnern arbeiten. Wir sollen sie auf diese Arbeit vorbereiten. Wenn uns jemand anruft, schauen wir, was der Kunde wirklich braucht: ein Seminar, ein Coaching, eine Beratung, ein E-Learning-Modul. Wir haben in den elf Jahren, die es uns gibt, einen großen Maßnahmenkatalog entwickelt.

Wer sind eure Kunden?
Wir haben viel mit Automobilzulieferern zu tun oder anderen bekannten Unternehmen wie Gardena, Siemens, Fressnapf, Airbus, Michelin oder Tesa. Besonders stolz bin ich, dass wir auch mit dem DFB zusammen gearbeitet haben. So hat zum Beispiel Oliver Bierhof ein Seminar von uns besucht. Für einen Fußballfan wie mich ist das natürlich ein Highlight.

Wie werden Kunden auf euch aufmerksam?
Eigentlich ausschließlich über das Internet. Wir müssen zum Glück keine Akquise-Anrufe machen. Die, die gerade einen Bedarf sehen, suchen im Internet und finden uns. Das hat bis jetzt eigentlich immer gut geklappt.

Wie kamst du auf Deine Geschäftsidee?
Es gab während meines Studiums zwei Blockseminare an der TU Chemnitz, von einer Trainerin, die schon jahrelang interkulturelle Trainings angeboten hat. Die hat mich menschlich sehr beeindruckt und mich für ihre berufliche Idee begeistert. Ich habe dann mit meinen Eltern gesprochen, die mich eher gebremst haben. Ich solle doch erst einmal mein Studium fertig machen. Aber die Idee hat mich nicht losgelassen. 2004 war gerade die EU-Osterweiterung. Und ich hab mir gesagt: Jetzt oder nie. Wenn du 2005 anfängst, ist alles zu spät. Es hätte 2006 sicherlich genauso funktioniert. Aber ich wollte mich nicht aufhalten lassen. Es ging ganz einfach los, im WG-Zimmer mit Headset und der Idee, ich will hier etwas machen. Ein Freund, der Informatiker war, erstellte mir damals eine ganz einfache erste Homepage. Noch aus dem WG-Zimmer heraus hatten wir damals schon die Metro AG als Kunde gewonnen und ich dachte mir immer so: „Wenn die wüssten…“

Jetzt arbeitest du mit sieben Mitarbeitern, 140 Trainern und 80 Ländern. Wolltest Du schon immer dein eigener Chef ein?
Nie im Leben habe ich mir träumen lassen, dass ich mehrere Mitarbeiter, so bekannte Kunden habe oder dass  ich selbst 20 Seminartage pro Jahr in ganz Deutschland durchführe. Ich erinnere mich sehr gut an unser aller erstes Angebot, was lediglich ein einseitiger Brief mit Betreffzeile, Datum, förmlicher Anrede und einem Preisangebot war; keine Seminarinhalte, nichts zum Trainer. (lacht) Heute sind unsere Angebote 20 Seiten lang. Nach und nach haben wir die Baustellen bearbeitet. Es kam irgendwann der erste Auftrag. Davon haben wir einen eigenen Farblaserdrucker gekauft und konnten die Angebote aufpeppen. So kam eines zum anderen. Es hat sich spielerisch entwickelt. Und als ich dann mit dem Studium fertig war, war das Unternehmen schon gewachsen. Ich konnte direkt mit dem Studienabschluss vom eigenen Unternehmen leben, ohne Fremdfinanzierung.

War es für dich selbstverständlich, nach dem Studium hier in Chemnitz weiterzumachen oder hast du mal überlegt, woanders mit deiner Geschäftsidee hinzuziehen?
Nie. Ich hab viele gute Freunde und meine Familie hier. Die Stadt ist schrullig, aber ich mag sie. Mir sind soziale Kontakte sehr wichtig. Und ich weiß, wie schwer es ist, die aufzubauen. Gerade wenn man selbstständig ist.

Du zählst das Unternehmen zu den fünf größten in Deutschland. Wie kommst du darauf?
Der Markt für solche Angebote ist sehr überschaubar. Mit 140 Trainern aus 80 Ländern sind wir da schon sehr gut aufgestellt. Wichtig sind für mich nicht nur Zahlen, sondern die Qualität. Im letzten Jahr hatten wir bei über 200 Veranstaltungen einen Notendurchschnitt von 1,39. Damit gehören wir zu den Besten.

Wie lässt es sich denn in der Stadt arbeiten, wenn man international tätig ist?
Das ist gar nicht so leicht. Viele unserer Kunden sitzen in Westdeutschland, weil dort die Mutterkonzerne sind. Wir müssen also viel reisen. Zum Ruhrgebiet sind es acht Stunden mit dem Zug, Richtung Süden sind es meistens fünf. Die Region ist verkehrstechnisch schlecht angebunden. Anderseits haben wir hier eine gute Lohnstruktur und preiswerte Mieten. Zum Beispiel unser Büro: unser Vermieter hat es uns so eingerichtet, wie wir es wollten. Wir konnten uns das Laminat und die Farben raussuchen, eine Wand wurde rausgenommen und eine kleine Terrasse angebaut. Ohne einen Zuschlag auf die eh schon günstige Miete. Das kriegst du in keiner anderen Großstadt. Die Fixkosten wären woanders sicherlich viel höher. Das hat dem Unternehmen vor allem am Anfang natürlich sehr geholfen.

Was erzählst du Kunden von Chemnitz?
Ich erzähle gerne von der Stadt. Ich bin schon stolz auf unsere Heimat. Die wenigsten wissen, dass Chemnitz Ende des 19. Jahrhunderts eine der zwei europaweit bekannten Industriestädte war: Manchester und Chemnitz. Es kannte damals jeder diese zwei Städte. In Manchester wird das heute noch in der Schule erzählt. Bei uns leider nicht.

Habt ihr auch Kunden aus der Stadt?
Aktuell haben wir keinen Kontakt zu Firmen vor Ort. Wer uns anspricht, kommt meistens, wie gesagt, aus den alten Bundesländern. Die Bereitschaft für interkulturelle Trainings ist hier noch nicht so da; auch, weil es Geld kostet. Qualität im Weiterbildungsbereich bekommt man nun mal nicht für 8,50 Euro die Stunde.

Was macht für dich sonst die Stadt aus?
(lacht) Ich bin ja großer Fußballfan und finde den CFC sehr gut. Außerdem gefällt mir die kleine Clublandschaft, die wir haben. Auf einem anderen Blatt steht, dass sie sicherlich größer sein könnte. Aber das was wir haben, Atomino, Weltecho, Nikola Tesla, ist einfach gut. Ich finde wahnsinnig cool, dass Kraftklub aus Chemnitz kommt und dass man die hier in der Stadt, gerade auf Partys im Atomino, auch sieht. Das macht einen irgendwie stolz. Auch viele Sportler haben hier ihre Laufbahn begonnen, wie Michael Ballack, Kati Witt, David Storl. Ansonsten fühle ich mich hier einfach wohl. Die Innenstadt hat sich gut entwickelt. Und auch wenn ich kein Museumsmensch bin, sehe ich schon, dass die Kunstsammlungen mit Andy Warhol und Picasso überregionale Wirkung haben.

Muss man den Chemnitzern Mut machen?
Ja. Auf jeden Fall. Viele Chemnitzer haben scheinbar das Gefühl, das hässliche Entlein zu sein. Wir stehen sicherlich im Schatten von Leipzig und Dresden. Wenn man aber immer nur meckert, passiert allerdings auch nichts. Wenn man auch mal rausgeht und an Sachen teilnimmt und mitgestaltet, dann wird die Stadt ohne große Investition lebenswerter. Wenn man sich aber immer mit den bekanntesten Städten vergleicht, ist klar, dass man sich minderwertig fühlt. Im Vergleich: Halle ist auch nicht schöner. Leute aus Freiberg und Mittweida kommen zum Beispiel nach Chemnitz, weil hier was los ist. Irgendwie gibt’s einen Pessimismus, der nicht begründet ist. Die Stadt ist schön. Es kommt eben immer auf die Perspektive an.

 

 

 

 

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