Rede

zur außerplanmäßigen Sitzung des Stadtrates am 11. März 2009

Konjunkturpaket II

Es gilt das gesprochene Wort!

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren Stadträte,

unsere heutige außerplanmäßige Stadtratssitzung ist Ergebnis und Bestandteil des Versuchs der Bundesregierung, durch ein Gesetz in einer fortschreitenden gesamtwirtschaftlichen Krise gegenzusteuern.

Einer Krise, von der kaum jemand genau zu sagen vermag, wann sie begann.

Einer Krise, von der niemand ernsthaft prognostizieren kann, wie sie verlaufen wird und wie lange sie anhält.

Und wo die exakte Diagnose versagt, ist es schwer, einen wirksamen Heilungsplan zu erstellen.

Die Bundesregierung hat sich Anfang des Jahres für ein zweites Konjunkturprogramm mit einem Gesamtumfang von 50 Mrd. Euro entschieden.
Ziel ist es, Arbeitsplätze zu sichern und potentielle Wachstumskräfte zu stärken. Das Land soll – so die Hoffnung und die Aussage der Bundeskanzlerin – nach der Krise besser dastehen als davor. Wichtiger Bestandteil ist das 13-Milliarden-Programm für kommunale Investitionen.

Was bedeutet das für unsere Stadt? In Zahlen: 37 Mio. Euro Wir können in diesem und im nächsten Jahr rund 18,5 Mio. Euro zusätzlich investieren. Das sind, mit den im Haushalt 2009 beschlossenen Investitionen von bereits 74,5 Mio. Euro, insgesamt über 90 Mio. Euro allein in diesem Jahr.

Ein Investitionsvolumen, das wir zuletzt in den Jahren 2000 bis 2002 übertroffen haben.
Um einen von der Bundesregierung gewollten schnellen Mitteleinsatz zu ermöglichen, haben wir heute über die Verwendung von 37 Mio. Euro zu entscheiden.

7,4 Mio. Euro – 20 Prozent des Gesamtvolumens – haben wir davon als Eigenanteil aufzubringen. Aufgrund der sehr guten Wirtschaftsentwicklung der vergangenen drei Jahre – auch noch des Jahres 2008 – können wir diesen hohen Betrag aus der Rücklage entnehmen. Dabei muss uns jedoch auch bewusst sein, dass dadurch der Haushaltsausgleich in den kommenden Jahren schwerer wird.

Und dabei muss uns ebenso bewusst sein, dass die Störung der Weltwirtschaft auch in Chemnitz angekommen ist.

Viele Unternehmen arbeiten ihren derzeit zum Teil guten Auftragsbestand ab. Das sichert noch über Monate Arbeitsplätze. Was danach kommt, ist offen. Der Auftragsrückgang seit Oktober 2008 ist auch bei unseren Unternehmen erheblich. Deshalb muss gegenwärtig offen bleiben, ob die geplanten Einnahmen aus Gewerbe- und Einkommenssteuern wie geplant in voller Höhe in der Haushaltskasse der Stadt ankommen.

Umso mehr tragen wir mit unseren heutigen Entscheidungen Verantwortung dafür, dem Ziel des Investitionsprogramms zu entsprechen.
 

 

Anrede,

Es findet sicher bei vielen von uns und auch in der Bürgerschaft Zustimmung, den überwiegenden Teil des Geldes – 65 Prozent – in Schulen und Kitas zu investieren. Das entspricht voll und ganz unseren Investitionsschwerpunkten der letzten drei Jahre.

Bisher haben wir für die Jahre 2009 und 2010 33 Mio. Euro für Investitionen in Schulen geplant. Nun sind es, mit den 17,5 Mio. Euro zusätzlichen Mitteln, in den beiden Jahren rund 50 Mio. Euro für die Schulen unserer Stadt. Ein bisher einmaliges Investitionsprogramm.

Herr Brehm hat dabei versucht, Dringlichkeit und die Bundesvorgaben – überwiegend energetische Sanierung sowie die Auflage, die Mittel 2009 und in 2010 jeweils zur Hälfte zu investieren – zusammenzubringen.

Schwerpunkt sind Förderschulen und Grundschulen. Wir alle wissen um den erheblichen Bedarf in diesen wichtigen Schulen.

Ich will an dieser Stelle ausdrücklich an die Landesregierung appellieren, unsere Beschlüsse, insbesondere zu Investitionen in Grundschulen, zu respektieren und zu akzeptieren.

Wir wollen Grundschulen auch in Stadtteilen mit einer geringeren Bevölkerungsdichte. Grundschulen sind eine wichtige Voraussetzung für junge Familien, um dort zu wohnen.

Was nutzen uns all die notwendigen, richtigen und zum Teil kontrovers geführten Diskussionen um eine nachhaltige Stadtentwicklung, wenn mit dem Zügel der Fördermittelvergabe Städte an die Leine gelegt und ganze Stadtteile durch die Infragestellung der Grundschule stranguliert werden.
 

 

Anrede,

Bei den Kitas gehen wir von einem weitgehend unstreitigen Verfahren aus. Frau Lüth schlägt vor allem Maßnahmen vor, die dringend und 2009/2010 umsetzbar sind. Schwerpunkte sind die energetische Sanierung und der Brandschutz. Weil auch hier die Landesförderprogramme als Grundlage genommen werden müssen, sind weitere fördertechnische Aspekte zu berücksichtigen.

Insgesamt erhöhen sich die Investitionen in unsere Kitas 2009/2010 um 50 Prozent auf insgesamt 15,7 Mio. Euro. Auch hier ermöglicht uns das Konjunkturprogramm eine bisher einmalige Investitionshöhe.

Und trotz alledem: Es gibt noch viele Schulen und Kindertageseinrichtungen, die ebenso Bedarf haben, saniert und modernisiert zu werden. Der Sanierungsstau der letzten Jahrzehnte lässt sich auch mit diesem erheblichen finanziellen Einsatz nicht auflösen. Aber wir kommen Schule für Schule, Kita für Kita voran.
 

 

Anrede,

35 Prozent des Geldes, also 13 Mio. Euro, können wir in einige vom Bund vorgegebene – und durch das Land vermutlich noch weiter eingegrenzte – Bereiche der städtischen Infrastruktur investieren.

Einen Schwerpunkt setzen wir ganz bewusst beim Sport. Im Bereich des Sports haben wir unbestritten erheblichen Nachholbedarf. Ab 2007/2008 haben wir erstmals mit 1,9 Mio. Euro zielgerichtet in vereinsbetriebene Sportstätten investiert.

Für 2009/2010 schlagen wir Ihnen nun vor, insbesondere den Breitensport mit 5,7 Mio. Euro weiter zu stärken. Damit erhöhen sich die Investitionen in unsere Sportstätten 2009/2010 um mehr als das Doppelte auf insgesamt 10 Mio. Euro.
 

 

Anrede,

Es ist uns nicht leicht gefallen, aus den über 300 Maßnahmevorschlägen der Verwaltung, von Ihnen aus den Fraktionen, von unseren Ortschaftsräten, Beiräten, Trägern von Krankenhäusern und anderer Einrichtungen der Daseinsvorsorge, Institutionen oder potenzieller Investoren auszuwählen.

Das Ziel, Defizite abzubauen und die Stadtentwicklung zu befördern und die regionale Wirtschaft zu stärken steht im Mittelpunkt.

Die ursprünglich geplante Modernisierung und der Ausbau der Stadthalle zu einem kongressfähigen Zentrum im Herzen der Stadt musste leider wieder abgesetzt werden. Das Korsett der zeitlichen Vorgaben ist, so das Urteil des Geschäftsführers, vor allem für dieses Projekt zu eng.

Trotzdem sollten wir versuchen, diese Investition in den nächsten Jahren auf die Tagesordnung zu setzen.
 

 

Anrede,

Wir schlagen Ihnen vor, in den aktiven Lärmschutz zu investieren. Für alle Anwohner, so zum Beispiel an der Leipziger Straße, die den Nutzen spüren werden, eine herbeigesehnte Investition. Die nachgerückte Maßnahme Gustav-Freytag-Straße / Karl-Immermann-Straße wird allerdings heute kritisch zu diskutieren sein.

Ich weiß, dass es Nachdenklichkeit zum Vorschlag gibt, in unser Rathaus zu investieren. Darf – soll man das tun – jetzt?

Wir schlagen Ihnen vor, in die technische Infrastruktur zu investieren, weil sie zum Teil sehr alt ist. Wir schlagen Ihnen auch vor, die verrußte und über die Jahrzehnte dunkelgrau verfärbte Sandsteinfassade zu restaurieren. Unser Rathaus ist kein Stadtschloss, sondern Arbeits- und Begegnungsort. Es ist eines der wenigen historischen Gebäude, die im Stadtkern erhalten geblieben sind – Visitenkarte und Identifikationspunkt. 2011 wird das von Richard Möbius entworfene erste Haus der Stadt 100 Jahre alt. Ich bin mir sicher – spätestens wenn das Rathaus in seiner ursprünglichen Fassade wiedererstrahlt – werden viele Chemnitzerinnen und Chemnitzer Freude empfinden. Und unsere Gäste würden staunen.

Weitere zum Teil kleinere Maßnahmen, so u. a. Investitionen in die Schlosskirche, das Schlossbergmuseum oder die Barrierefreiheit ergänzen die Maßnahmen zur Aufwertung unserer vielfältigen kommunalen Infrastruktur.
 

 

Anrede,

wir haben Ihnen ein Maßnahmepaket vorgeschlagen, von dem wir wissen, dass es in vielen Bereichen des Bauhandwerkes Beschäftigung sichern helfen wird.

Die vereinfachten Vergabeverfahren werden wir umsetzen. Ziel ist es, viele Aufträge in der Stadt und in der Region zu vergeben. Dazu haben wir uns mit den Kammern abgestimmt. Diesen Dialog werden wir fortsetzen. Verwaltungsintern brauchen wir ein angemessenes Verfahren der Kontrolle und Begleitung durch die Zentrale Vergabestelle und das Rechnungsprüfungsamt. Hierzu liegen bereits gute Vorschläge vor, die Konsequenzen aus Fehlern der Vergangenheit ziehen und trotzdem ein zügiges Vergabeverfahren ermöglichen.

Transparenz ist eines der besten Mittel, Korruption vorzubeugen. Wir werden deshalb neben den ohnehin bestehenden Veröffentlichungspflichten die gesamten Vergaben des Konjunkturpaketes II – auch kleinere Maßnahmen – auf der städtischen Internetseite öffentlich machen.

Mit den heutigen Beschlüssen werden wir die 1. kreisfreie Stadt sein, die in Sachsen ihre Entscheidungen zum Konjunkturprogramm auf den Weg bringt.
Dass der Weg so lang ist, bis wir tatsächlich Aufträge vergeben können, ist nicht gut. Bis Ende Mai hat sich der Freistaat Zeit gegeben, unser unsere heute beschlossenen Maßnahmen zu entscheiden.
Dass der Freistaat Sachsen ein so kompliziert bürokratisches Verfahren in Gang setzt, dass kommunale Krankenhäuser nicht durch die vom Bund dafür vorgesehenen, beim Land verbliebenen 20 Prozent der Mittel gefördert werden sollen, ist zu kritisieren. Andere Bundesländer gehen vertrauensvoller mit kommunaler Selbstverantwortung um. Andere Bundesländer wissen, dass Krankenhausplanung Aufgabe der Länder ist, die sich nicht auf Universitäts- und Landesklinika beschränken kann.

Es ist aufgrund dieser Erfahrung ausdrücklich zu hoffen, dass das Kooperationsverbot zwischen Bund und Kommunen wieder aufgehoben oder deutlich gelockert wird.

Mit der Föderalismusreform I war dieses Verbot ins Grundgesetz gekommen. Nun gibt es die Chance, mit der Föderalismusreform II diesen Fehler zu korrigieren. Gäbe es das Kooperationsverbot nicht, würden wir am 11.03. nach intensiver Diskussion entscheiden. Und am 12.03. könnten wir beginnen, Planungen zu vergeben und Vergaben vorzubereiten. So werden wir ab morgen trotzdem Planungsleistungen vergeben. Aber vor allem werden unsere Mitarbeiter viele, viele Anträge ausfüllen müssen.

Sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte,

dank Ihrer frühzeitigen und aktiven Mitarbeit haben wir heute die Möglichkeit, die erste Etappe zur Umsetzung des Zukunftsinvestitionsgesetzes der Bundesregierung abzuschließen.

In den Fachausschüssen und hier im Stadtrat werden Sie regelmäßig durch die Bürgermeister und durch mich über das Erreichen der weiteren Etappen bis zum Abschluss im Jahre 2010 einbezogen und informiert.

Viel Arbeit liegt vor uns. Deshalb möchte ich mich ausdrücklich bei den Mitgliedern der Steuerungsgruppe, bei den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern, und bei allen, die Vorschläge eingereicht haben, für ihren Einsatz bedanken.

Zusätzliche Investitionen in Bildung, Sport, Energieeffizienz und kommunale Infrastruktur sind – trotz aller Hürden – ein wirkungsvoller Antrieb in einer schwierigen Zeit.

 

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