Statement von OB Barbara Ludwig zum Besuch der Bundeskanzlerin in Chemnitz
Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig: „Wir erleben eine Polarisierung auf allen Ebenen der Gesellschaft, in der gesamten Republik. Was in Chemnitz geschehen ist, hat sogar die Bundesregierung vor eine Zerreißprobe gestellt.
Ob der heutige Besuch von Angela Merkel mehr als eine Geste und für unsere Stadt eine Unterstützung ist, lässt sich noch nicht sagen. Entscheidend dafür ist, ob die Bundeskanzlerin einen Beitrag dazu leisten kann zu zeigen, dass Chemnitz anders ist als der vielfach transportierte Eindruck der vergangenen Wochen. Chemnitz ist eine sichere, eine lebenswerte, eine internationale Stadt. Das sagen die Fakten. Trotzdem ist das Gefühl vieler Menschen hier zurzeit ein anderes, das Bild vieler Menschen anderswo auch.
Als Chemnitzer Oberbürgermeisterin ist es meine Aufgabe, den Zusammenhalt in der Stadt zu organisieren und zu stärken. Im Bund hat Frau Merkel diese Verantwortung. Vieles wird auf Bundesebene entschieden. Die konkreten Auswirkungen dieser Entscheidungen sehen wir in den Städten. Die Menschen erleben sie in ihrem Alltag.
Ich bin überzeugt davon, dass wir zu den Menschen gehen und unser Handeln erklären müssen, wenn wir sie nicht – oder nicht noch mehr – verlieren wollen. Wir machen das zum Beispiel seit zwölf Jahren bei Einwohnerversammlungen. Der sächsische Ministerpräsident trifft Menschen bei Bürgerdialogen. Auch die Bundesregierung sollte das regelmäßig tun. Am deutlichsten zeigen sich die Folgen der bisherigen, praktisch drei Jahre währenden Sprachlosigkeit beim Thema Integration. Damit wird die Debatte viel zu oft denen überlassen, die Ängste oder tatsächliche Probleme instrumentalisieren.
Mehr Dialog ist auch bei anderen Themen erforderlich, die unsere Gesellschaft sichtbar trennen. Das ist aufwändig und das ist anstrengend. Aber notwendig, wenn wir als Gesellschaft im Gespräch bleiben und den Zusammenhalt in unserem Land sichern wollen.
Wenn sich die Kanzlerin und ihre Bundesminister auf offenen Regionalkonferenzen regelmäßig direkt mit den Bürgerinnen und Bürgern austauschen, ihnen zuhören, könnten sie ihre Entscheidungen nicht nur besser vermitteln, sondern auch wertvolle Hinweise mitnehmen.
Wenn wir die Polarisierung unserer Gesellschaft aufhalten wollten, müssen wir ihr den Treibstoff entziehen, Probleme lösen und Unsicherheiten begegnen. Der Erfolg von Integration entscheidet sich letztlich im täglichen Zusammenleben. Ich habe dafür einen Sieben-Punkte-Plan vorgelegt, der die Aufgaben konkret anpackt. Was ich erwarte: dass alle ihren Teil zur Lösung beitragen.“