Schöffenwahl 2023
Inhalt, Aufgaben und Anforderungen an Schöffentätigkeit
Im ersten Halbjahr 2023 werden bundesweit die Schöffen und Jugendschöffen für die Amtszeit von 2024 bis 2028 gewählt. Gesucht werden in unserer Stadt insgesamt ca. 820 Frauen und Männer, die am Amtsgericht Chemnitz und Landgericht Chemnitz als Vertreter des Volkes an der Rechtsprechung in Strafsachen teilnehmen sowie ehrenamtliche Richterinnen/Richter am Verwaltungsgericht Chemnitz. Der Stadtrat und der Jugendhilfeausschuss schlagen dem Schöffenwahlausschuss beim Amtsgericht und Verwaltungsgericht doppelt so viele Kandidaten vor, wie Schöffen/ ehrenamtliche Richter benötigt werden. Die Schöffenwahlausschüsse wählen in der zweiten Jahreshälfte 2023 aus diesen Vorschlägen die Haupt- und Hilfsschöffen. Gesucht werden Bewerberinnen und Bewerber, die in Chemnitz (Schöffen und Jugendschöffen) bzw. innerhalb des Gerichtsbezirkes (Verwaltungsgericht) wohnen und am 01.01.2024 zwischen 25 und 69 Jahre alt sein werden. Wählbar sind deutsche Staatsangehörige, die die deutsche Sprache ausreichend beherrschen. Wer zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt wurde oder gegen wen ein Ermittlungsverfahren wegen einer schweren Straftat läuft, dessen Ausgang zum Verlust der Übernahme von Ehrenämtern führen kann, ist von der Wahl ausgeschlossen. Auch hauptamtlich in oder für die Justiz Tätige (Richter, Rechtsanwälte, Polizeivollzugsbeamte, Bewährungshelfer, Strafvollzugsbedienstete usw.) und Religionsdiener sollen nicht zu Schöffen gewählt werden.
Schöffen benötigen soziale Kompetenz, d. h. sie sollten das Handeln eines Menschen in seinem sozialen Umfeld beurteilen können. Von ihnen werden Lebenserfahrung und Menschenkenntnis erwartet. Die ehrenamtlichen Richter müssen Beweise würdigen, d. h. aus den vorgelegten Zeugenaussagen, Gutachten oder Urkunden die Wahrscheinlichkeiten ableiten können, ob sich ein bestimmtes Geschehen so ereignet hat oder nicht. Die Lebenserfahrung, die ein Schöffe mitbringen muss, kann sich aus dem beruflichen Werdegang und/oder gesellschaftlichem Engagement ergeben. Dabei steht nicht der berufliche Erfolg im Mittelpunkt, sondern die Erfahrung, die im Umgang mit Menschen erworben wurde. Schöffen in Jugendstrafsachen sollten darüber hinaus in der Jugenderziehung über besondere Erfahrung verfügen. Das verantwortungsvolle Amt eines Schöffen verlangt in hohem Maße Unparteilichkeit, Selbstständigkeit und Reife des Urteils, aber auch geistige Beweglichkeit und wegen des anstrengenden Sitzungsdienstes gesundheitliche Eignung.
Schöffen müssen ihre Rolle im Strafverfahren kennen, über Rechte und Pflichten informiert sein und sich über die Ursachen von Kriminalität und den Sinn und Zweck von Strafe Gedanken gemacht haben. Sie müssen bereit sein, Zeit zu investieren, um sich zu ihren Mitwirkungs- und Gestaltungsmöglichkeiten weiterzubilden. Objektivität und Unvoreingenommenheit müssen auch in schwierigen Situationen bewahrt werden, etwa wenn der Angeklagte auf Grund seines Verhaltens oder wegen der vorgeworfenen Tat zutiefst unsympathisch ist oder die veröffentlichte Meinung bereits eine Vorverurteilung vorgenommen hat.
Die Schöffen sind mit den Berufsrichtern gleichberechtigt. Für jede Verurteilung und jedes Strafmaß ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit in dem Gericht erforderlich. Gegen beide Schöffen kann niemand verurteilt werden. Jedes Urteil, gleichgültig ob Verurteilung oder Freispruch, haben die Schöffen daher mit zu verantworten. Wer zum Richten über Angeklagte berufen wird, braucht daher besonderes Verantwortungsbewusstsein für diesen Eingriff in das Leben anderer Menschen. Wer hingegen die persönliche Verantwortung für eine mehrjährige Freiheitsstrafe, für die Versagung von Bewährung oder für einen Freispruch gegen die öffentliche Meinung wegen mangelnder Beweise nicht übernehmen kann, sollte das Schöffenamt nicht anstreben.
In der Beratung mit den Berufsrichtern müssen Schöffen ihren Urteilsvorschlag standhaft vertreten können und sich ggf. von besseren Argumenten überzeugen lassen, ohne opportunistisch zu sein. Den Schöffen steht in der Hauptverhandlung das Fragerecht zu. Sie müssen sich entsprechend verständlich machen, auf den Angeklagten wie andere Prozessbeteiligte eingehen können und an der Beratung argumentativ teilnehmen. Ihnen wird daher Kommunikations- und Dialogfähigkeit abverlangt.